Soziale Schere Deutschlands geht auf: Rekordvermögen und -Schulden

Reichtum und Schulden-


Immer mehr deutsche Bürger sind überschuldet, obwohl das Gesamtvermögen der Bundesbürger neue Rekordhöhen erreichte, der Run auf die Immobilien bereits einsetzte, die deutsche Wirtschaft im EU-Vergleich „prächtig“ dasteht und die Löhne nominell gestiegen sind. Alles eine Frage der Verteilung.

/>

Überschuldung: Kleinigkeiten und versteckte Gründe

Privatschulden
Überraschende Überschuldungen?
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Immer mehr Privatschulden bis zur regelrechten Überschuldung und über Jahre hinweg kontinuierlich sinkende Reallöhne. Diese beiden Entwicklungen ließen sich noch sinngemäß in Übereinstimmung bringen. Ebenso passt auch die für Deutschland geltende Feststellung von einer im Jahr 2011 gestiegenen Armutsquote laut der sog. Sozial-Linie der EU.

Bereits etwas Hintergrundinformationen sind notwendig, um die Tatsache zu verstehen, dass in Deutschland das Vermögen der Bürger stark angestiegen ist. Innerhalb der letzten 10 Jahre ist das Geld- und Sachvermögen der deutschen Bewohner beständig angewachsen. Eine erste Antwort gab bereits der Mitte September veröffentlichte „Armutsbericht„. Die Verteilung der Vermögen befindet sich demnach extrem weit von einem Gleichgewicht entfernt.

So ganz und gar nicht ins Bild passt die Ende September veröffentlichte „Feststellung“ des Meinungsforschungsinstituts Allensbach, dass die Bundesbürger ihre persönliche Situation seit Jahren immer besser einschätzten. Umso unverständlich angesichts des aktuellen „Schuldneratlas“, nach dem die Verbraucher ausnahmslos in allen Bundesländern einen höheren Anteil der Überschuldeten abgeben und das Real-Einkommen permanent abgesunken ist.

Schuldneratlas 2012 –
Soweit die Statistiken über den belebten Konsum der Bundesbürger, trotz der konjunkturellen Schwächen in der Wirtschaft und dem förmlichen Zusammenbruch mancher Euro-Mitgliedsländer, stimmten, hat offensichtlich die neue „Konsumwut“ der Bürger den folgenreichen Umstand schlicht über das Ziel hinaus zu schießen.

Neben den „üblichen“ Gründen für eine Überschuldung, wie u.a. private Umstände einer Scheidung oder Krankheit, tritt lt. der letzten Hochrechnung zum Schuldneratlas das Phänomen „übermäßiger Konsum“ zum Vorschein. Die Menschen kaufen mehr, als die Haushaltskasse eigentlich verkraften könnte. Lt. dem Schuldneratlas 2012 von Creditreform hat die Anzahl der überschuldeten Volljährigen innerhalb eines Jahres um 190.000 zugenommen und liegt bei 6,6 Millionen Personen. Somit stehen fast 10% aller Erwachsenen derart „in der Kreide“, dass eine Begleichung aller Verbindlichkeiten nicht mehr möglich ist.

Der kleine Unterschied zwischen Verschuldung und Überschuldung liegt schlicht darin, ob das Einkommen es zulässt die Kredite oder Ausstände bedienen und gleichzeitig seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Auffällig am Schuldneratlas ist die Verteilung der überschuldeten Personen in die unterschiedlichen Regionen Deutschlands. Ausgerechnet in den Gebieten, wo die Wirtschaft nicht gerade am florieren ist, befinden sich gleichzeitig die „Hochburgen“ der privaten „Hoch-“ Schuldner. So ist in Bremerhaven mit guten 18% fast jeder Fünfte überschuldet.

Die auf den ersten Blick als Diskrepanz wirkenden Aussagen von Vermögensanstieg der Privatpersonen und dem gleichzeitigen Anstieg der Überschuldeten, wird bereits aufgeklärt, wenn die Vermögensverteilung innerhalb der Bevölkerung berücksichtigt wird. Die Untersuchungen von Creditreform heben den „kleinen Unterschied“ zusätzlich hervor, indem festgestellt wurde, dass Immobilien zur Überschuldung kaum beitrugen.

Die Überschuldungsfalle liegt eindeutig im „Kleinkram“. Kaum ein Geringverdiener, womöglich kurz vor Hartz IV stehend, käme auf die Idee, einen Bausparer anzulegen, um in mittelfristiger Zukunft einen folgenden Immokredit zu erhalten, geschweige mit null Eigenkapital zum Baufinanzierer läuft.

Es wird sich hier ein Smartphone gekauft, dort ein Flachbildfernseher, dann will auf den Urlaub keinesfalls verzichtet werden und nach der Rückkehr streikt überraschend das „überlebensnotwendige“ Fahrzeug. Die Kosten summieren sich, geraten außerhalb des Blickfelds und das Erwachen kommt mit der ersten Mahnung, falls die Bank eine Rate mangels überzogener „Duldung“ zum Konto einfach ausfallen ließ.

Die Experten von Creditreform sehen dazu aufgrund der immer schwieriger werdenden Wirtschaftssituation auch noch die Gefahr einer Verschärfung des Problems. Ein als sicher gegoltener Arbeitsplatz könnte „auf die Schnelle“ beendet werden, nicht jedoch der Ratenkredit, der mit dem bisherigen Einkommen locker zu bedienen gewesen ist.

Fallen zum Schuldenausbau lauern überall
Eine überschuldete Person neigt zu „Verzweiflungstaten“. Dazu zählen neben dem buchstäblichen Verdrängen der Probleme (welche dadurch immer größer werden“, auch das Greifen nach dem vermeintlich letztem Strohhalm. Zweifelhafte Kreditvergeber haben Hochkonjunktur und die Opfer laufen offensichtlich reihenweise in die aufgestellten Fallen hinein (z.B. dubiose Schufafrei-Angebote).

Reallöhne sinken schleichend
Nicht zu unterschätzen wäre der schleichende Vorgang von geringeren Einkommen. Dazu zählt nicht die Ziffer unter der Lohnabrechnung, diese mag sogar größer sein, als noch vor einigen Jahren, sondern was tatsächlich vom Einkommen übrig bleibt, wenn alle Pflichtausgaben erledigt sind und die Grundnahrungsmittel in den Kühlschrank befördert wurden. Obwohl die Wirtschaft in Deutschland seit gut 7 Jahren um rund 10% zulegen konnte, ist von einem Großteil der Arbeitnehmer der Reallohn gleichzeitig gesunken. Die Stichwörter „Inflation“ und „Teuerungsrate“ werden nach wie vor nicht ausreichend beachtet.

Wie bei der Vermögensverteilung ist auch beim Realeinkommen ein deutlicher Unterschied zu der sozialen Stellung eines Arbeitnehmers zu bemerken. Das Handelsblatt (Freitagsausgabe) veröffentlichte eine Auswertung von mehr als 1,6 Mio. Einkommensdaten, die in Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen Personalmarkt und dem Ökonomen Tom Krebs erarbeitet wurde.

Das Führungspersonal erhielt zwischen 2005 und 2011 durchschnittlich ein um 14% angestiegenes Einkommen. Inflationsbereinigt bleiben davon rund 4% übrig. Für das noch laufende Jahr 2012 wird sogar noch ein stärkerer Zuwachs zum Realeinkommen erwartet.

Facharbeiter oder Sacharbeiter erhielten im gleichen Zeitraum ein um 6% gestiegenes Einkommen. Nach Abzug der Inflation liegt dieser Wert real bei -4%.

Zu den angestiegenen Einkommen der Führungskräfte sehen die Ökonomen den Hauptgrund an der „Internationalisierung“ der Arbeitsbereiche. Die Firmen müssten sich an das Niveau im Ausland orientieren.

Wenn das mal kein deutlicher Hinweis ist, dass Deutschlands erfolgreiche Wirtschaft lediglich auf dem immer „krummeren“ Rücken der Arbeitskräfte steht

970x250

Schreibe einen Kommentar