„Politiker wurschteln sich durch“ und verspielten Vertrauen

Marktreaktionen auf EU-Politik-

Politische Entscheidungsträger wären dafür verantwortlich, dass die Aktienmärkte mit immer stärkeren Ausschlägen reagierten. Die Politiker würden sich „durchwurschteln“ und somit versäumen, die Weichen für klare Wege einzustellen. Thomas Kressin, Anlagestratege der PIMCO in München, kritisiert die unklare Linie innerhalb der EU-Politik.

Marktvertrauen
Politik schafft kein Vertrauen

Thomas Kressin erklärt in einem Interview mit der tagesschau.de (Dienstag), warum die „harten Fakten der Wirtschaftsdaten und Konjunkturprognosen“ längst nicht mehr die Märkte alleine beeinflussen.

Die Investoren müssten sich seit dem Ausbruch der Schuldenkrise vor zwei Jahren zunehmend mit politischen Risiken auseinandersetzen. Diese wären nur sehr schwer einschätzbar. Eine klare Linie in der EU-Politik wäre schon lange nicht mehr zu erkennen.

Kressin bemängelt die uneinheitlichen Äußerungen innerhalb der Währungsgemeinschaft und erklärt, „die Eurozone spricht zu oft mit 17 verschiedenen Stimmen“. In der Eurozone wäre Deutschland ein „Schwergewicht“ und die in den letzten Tagen abgegebenen „unterschiedlichen Statements“ trügen „immens zur Verunsicherung bei“.

Vor allem wären die Politiker, die sich „auch immer an ihre Wählergruppe wenden“, ihrer Verantwortung nicht bewusst, so Kressin. Die Entscheidungsträger unterschätzten, „mit welcher Aufmerksamkeit ihre Äußerungen an den Märkten wahrgenommen und analysiert werden“, fügt er hinzu.

Für eine große Unsicherheit würden Entscheidungen sorgen, die auf den EU-Gipfel getroffen werden, aber anschließend wieder zurückgenommen oder relativiert werden würden. Der PIMCO Analyst fordert von der EU eine klare Weichenstellung, wohin die Reise ginge.

In den letzten beiden Jahren ginge das wichtige Vertrauen in die Politik verloren. Kressin begründet dies damit, dass Politiker wiederholt das Vertrauensprinzip im Wirtschafts- und Finanzystem unterschätzt hätten. So der Analyst, „In den letzten zwei Jahren ging dieses Vertrauen weitgehend verloren. Dieses verloren gegangene Vertrauen wieder herzustellen, ist eine immens schwere Aufgabe“.

„Der König beschwert sich über seine Hofnarren“

Uneinheitliche Äußerungen innerhalb der 17 Mitgliedsländer der Eurozone sollten eigentlich keine Überraschung sein. Würden alle EU-Mitgliedsstaaten mit ausgeglichenen Haushalten, rasant steigendem Wirtschaftswachstum und ohne Schulden dastehen, wer erwartete selbst dann eine einheitliche Gesamtstimme aller Regierungen? Eine solche Situation ist völlig unrealistisch, da dies gegen die Marktgesetze spräche, die vom Banken- und Geldsystem formuliert werden.

Einheitliche Meinungen contra Demokratie

Thomas Kressin „beschwert“ sich über die extrem auseinander driftenden Meinungen und Ansichten der EU-Länder innerhalb der Währungsgemeinschaft. Eine Einigkeit wäre selbst in „goldenen Zeiten“ kaum zu erwarten, dafür überwiegt zu sehr das Handeln der einzelnen Regierungen im eigenen Interesse.

In der Gemeinschaft der Euro-Staaten befinden sich verschuldete, hoch verschuldete und überschuldete Länder, dank ihrer Banken. Ein Ungleichgewicht, welches durch inzwischen gegenseitige verbale Attacken krampfhaft einen Ausgleich sucht. „Der Zweck heiligt die Mittel“, ist eine Ansicht der Euro-Befürworter, aber noch lange nicht die Überzeugung aller Politiker.

Ein Land das um das nackte Überleben kämpft, dank der Spekulanten und Investoren, sieht die Eurozone naturgemäß aus einem anderen Blickwinkel als die sog. „schwergewichtigen“ EU-Nationen. Wir können von Glück sprechen, dass in Deutschland noch soviel Demokratie übrig geblieben ist, um auch unterschiedliche Stimmen hören zu können.

Vertrauen wird von denen gefordert die es missbrauchen

Dem Wirtschaftsexperten Kressin kann man recht geben, wenn er der Meinung ist, das Finanz- und Wirtschaftssystem basiere auf Vertrauen. Das Vertrauensprinzip gilt bereits an der „Basis“, bei der Bevölkerung, wenn es darum geht, die Banknote gegen Waren und Dienstleistungen einzutauschen.

Der Euro, oder auch zuvor die D-Mark, ist ein gesetzliches Zahlungsmittel, das eine ausnahmslose Verwendung von Banknoten und Münzen vorschreibt, aber was wäre, wenn der Geschäftspartner kein Vertrauen mehr in das Stück farblich bedruckte Papier hätte?

Banknoten werden angenommen, weil noch darauf vertraut wird, dieses Papier gegen Waren und Dienstleistungen wiederholt eintauschen zu können. Sobald sich Misstrauen gegenüber der Währung ausbreitet, dürfte die Weiterreichung von Banknoten auf Hindernisse stossen.

Auf dem Markt muss lt. Gesetz der Apfel mit Euro bezahlt werden und darf nicht gegen ein anderes Tauschmittel den Eigentümer wechseln. Die Währung würde nach Vertrauensverlust einbrechen und statt dessen der „Schwarzmarkt“ florieren.

Die Vertrauensbasis kann hochpotenziert werden bis hin zu den Bankern und Investoren auf den internationalen Handelsplattformen. Sie fordern eine einheitliche Meinung der EU-Länder ein, damit das verloren gegangene Vertrauen zurückgewonnen werden könne.

Man kann es der EU und den nationalen Regierungen gerne zurechnen, es versäumt zu haben, den Banken genauer auf die Finger zu sehen. Der Libor-Skandal (Manipulationen am Interbanken-Zinssatz London) bestätigt das Sprichtwort: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist aber besser“. Und das ist nur 1 Beispiel.

Die Märkte bestimmen was wie und warum läuft

Es stellt sich automatisch die Frage, wer von wem eigentlich etwas einfordert? Ganz klar ist zu erkennen, wer das Zepter in der Hand behält. Das Ziel einer „homogenen“ Europäischen Union ist Lichtjahre weit weg. Der Versuch der internationalen Hochfinanz, die EU-Regierungen per Euro „konform“ gleichzuschalten, scheint kräftig schief zu laufen. Die Zerstrittenheit untereinander ist in der Nachkriegsgeschichte beispiellos.

Die Äußerung der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), „eine marktkonforme Demokratie schaffen zu wollen“, stellt deutlich heraus, welche Wege eingeschlagen wurden. Keine Rede ist jedoch von der Schaffung eines demokratiekonformen Marktes!

„… Insofern werden wir Wege finden, die parlamentarische Mitbestimmung so zu gestalten, dass sie trotzdem auch marktkonform ist, also dass sich auf den Märkten die entsprechenden Signale ergeben….“

Pressebericht Bundesregierung 01.09.2011

Infos zur Pimco

Pimco wurde 1971 und steht für die Pacific Investment Management Company, LLC.
Die Kapitalanlagengesellschaft ist seit 2000 eine 100%-ige Tocher der Allianz Global Investors of America L P. 97% der Anteile gehören zur Allianz SE.

Pimco ist Emitent des weltweit größten Rentenfonds Pimco Total Return und hat sich u.a. auf den Handel mit Staatsanleihen spezialisiert. Das Anlagevermögen bewegt sich um rund 1 Billionen US-Dollar.

Ende Juni 2012 zog sich Pimco aus dem deutschen Anleihengeschäft zurück

Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

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