Ökonomen nehmen EZB Anleihekaufprogramm unter Beschuss
Mario Draghis „Dicke Bertha“ ist einsatzbereit und der EZB-Chef steht offenbar kurz davor, den Abzug zu ziehen und damit die Ankäufe von Staatsanleihen zu starten. Die Kritiken seitens Ökonomen werden lauter.
Umstrittenes Anleihekaufprogramm der EZB wird wiederholt ins Visier genommen
EZB-Anleihekäufe gehen weit über die Grauzone hinaus
Mit der augenscheinlichen Erfolglosigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB), gegen die fortwährende Euro- und Finanzkrise ein wirksames Rezept auf die Beine zustellen, rückt der Abschuss der „Bazooka“ immer näher. Die „Dicke Bertha“ des EZB-Chefs Mario Draghi ist inzwischen durchgeladen und entsichert. Mit dem steigenden Fingerdruck auf den Abzug wachsen auch die kritischen Stimmen aus der Deutschen Bundesbank sowie namhaften Wirtschaftsexperten.
Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, spricht sich nach wie vor klar gegen die von der EZB geplanten Ankäufe von Staatsanleihen aus und findet u.a. Unterstützung vom Präsidenten des Münchner ifo-Instituts Hans-Werner Sinn.
Die EZB-Anleihekäufe werden ohnehin schon als die letzte aller noch zur Verfügung stehenden Mittel gehandelt, im Bezug auf die vermeintliche Legitimität. Doch bisher schon wurden die Vorwürfe laut, die Notenbank habe ihr Mandat, sich ausschließlich um die Stabilität des Euros zu kümmern, unlängst weit überschritten. Mit dem Anleihekaufprogramm begebe sich die EZB lt. Einschätzung des ifo-Chefs sogar auf verbotenes Terrain.
Der Kauf von Staatsanleihen durch die EZB gehe weit über das Erlaubte hinaus. „Der Kauf wird von Artikel 123 des EU-Vertrags zu Recht verboten, weil er einer verbotenen Monetisierung der Staatsschulden gleichkommt“, so Hans-Werner Sinn zur WirtschaftsWoche (WiWo) (Samstag). Die Maßnahme der EZB ginge weit über die eingesetzten Mittel der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hinaus. „Man sollte bedenken, dass selbst die US-Notenbank Fed keine Staatspapiere von Gliedstaaten kauft. Kalifornien, Illinois oder Minnesota stehen am Rande der Pleite, und doch hilft die Fed ihnen nicht mit Krediten“, so der ifo-Chef. Europa habe den gemeinsamen Bundesstaat noch gar nicht gegründet.
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht in den Anleihekäufen der EZB ein „notwendiges Übel“ in letzter Instanz, um dem Mandat gerecht werden zu können. Gegenüber der WiWo warnte der DIW-Chef jedoch: „Die EZB verfehlt ihr Mandat der Preisstabilität und ist dabei, ihr wichtigstes Gut zu verlieren: ihre Glaubwürdigkeit“.