Nach Lehman Brothers folgen zehn Jahre Wirtschaftskrise
Der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF) Olivier Blanchard sieht die krisengeschüttelte Weltwirtschaft erst nach mindestens zehn Jahren wieder in einen Erholungskurs einschwenken. Mit dem erstmaligen Höhepunkt der Finanzkrise, die Pleite der US-Großbank Lehman Brothers, wurde ein Jahrzehnt der weltweiten Krise eingeläutet. Für die Euro-Zone sei es jetzt geboten, eine unterschiedliche Inflationsentwicklung zu fördern.
Überblick
Erholung der Weltwirtschaft erst in zehn Jahren in Sicht

IWF-Chefökonom
Oliver Blanchard, ein vielbeschäftigter Wirtschaftswissenschaftler, u.a. Berater der Federal Reserve (FED) in New York und Bosten, Sitzinhaber im französischen Rat der Wirtschaftsweisen und Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), glaubt an eine rund zehn Jahre andauernden Finanzkrise.
Der IWF-Chefvolkswirt bezeichnet den Untergang der Investmentbank Lehman Brothers als einen Höhepunkt der jüngst eingesetzten internationalen Finanzkrise. Seit dem Beginn werde es noch mindestens zehn Jahre dauern, bis sich die Weltwirtschaft wieder einigermaßen erholt haben wird, berichtete Welt mit Stützung auf das ungarische Internet-Magazin portfolio.hu.
Eine Hyperinflation sei nicht in Sicht
Der Wirtschaftswissenschaftler versicherte in dem mit portfolio.hu geführtem Interview, dass keine Hyperinflation vor dem Anfang stünde. Letztendlich hätte die Europäische Zentralbank (EZB) ein starkes Mandat, für die Sicherheit der Preisstabilität zu sorgen.
Dennoch spricht sich Blanchard für eine separate Preisentwicklung innerhalb der Euro-Zone aus. Das wäre für die von Schulden gerüttelten Krisenländer besonders wichtig. Diese bräuchten einen Rückgang der Preise, während die Kernländer wie Deutschland eine ansteigende Inflationsrate in Kauf nehmen müssten.
Auch wenn für jedes Mitgliedsland geeignete Sanierungsmaßnahmen gefunden werden müssten, ist ein komplettes Abwürgen der Konjunktur zu vermeiden, so der Chefökonom. Letztendlich dürften die Haushaltsprobleme der USA und Japans nicht aus dem Blick gelassen werden.
„Europäische Einheit mit unterschiedlichen Maßstäben?“
Bankenunion, Fiskalpolitik, zentrale Bankenaufsicht per „Unterabteilung“ der EZB und gemeinschaftliche Schuldenhaftung mit ESM gehören nach wie vor zu den verfolgten Zielen der „europäischen Idee“. Eine angestiegene gesamteuropäische Inflation wurde bereits für den September festgestellt. Spanien steht kurz vor dem Bailout und der „Dauerbrenner“ Griechenland sorgt pausenlos für neue Überraschungen, gefolgt von den Lockerungen der Auflagen für weitere Hilfspakete, bis hin zum Verzicht jeglicher Bedingungen seitens der EU-Kommission.
Regeln uns Statuten bröseln bereits weg, noch bevor sie richtig zum Einsatz gekommen sind. Das alles sind Indizien für eine völlige Hilflosigkeit gegen die Schuldenkrise.
Die Angst vor einer Hyperinflation steht besonders den deutschen Bürgen „ins Gesicht geschrieben“. Auch wenn die Erfahrungen aus dem letzten Jahrhundert auf völlig anderen Ursachen beruhen, eine Parallele ist dennoch zu beobachten. Vor dem Einsetzen einer starken Inflation gehen deflationäre Entwicklungen voraus.
Preissenkungen begleitet von Konjunktureinbrüchen und einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit. Die Verflechtungen in der Euro-Zone setzen einen Blick über die Grenzen hinweg voraus. Spanien steuert bereits auf eine Katastrophe zu, die Jugendarbeitslosigkeit hat inzwischen ein weltweit einzigartiges Niveau, mitten im „reichen Europa“.
Eine von Blanchard favorisierte getrennte Inflationsentwicklung zwischen den, grob gesagt, Süd- und Nord-Ländern, erforderte allerdings eine Verabschiedung vom „Einheitsgedanken“, der seither für beinahe alle politischen Entscheidungen als Vorwand genommen wird.
Die unterschiedliche Preisentwicklung für Güter würde u.a. zum Phänomen der Grenzgänger führen, die bis dato bei den Autofahrern und Tankstellen zu beobachten war. Ob es jemals so weit kommen wird, ist fraglich. Eher ist anzunehmen, dass andere europäische „Großereignisse“ jegliche Entwicklungen in diese Richtung unterbinden.
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