Finanzagentur wollte für Grundstücksenteignung Steuern kassieren
Die Enteignung eines Grundstücks mit einer verbundenen Entschädigungszahlung führt nicht automatisch zu einer Steuerpflicht des Enteigneten für den erhaltenen Geldbetrag. Die Finanzagentur Münster ging in einem konkreten Enteignungsfall von einem privatrechtlichen Veräußerungsgeschäft aus.

Finanzbehörden sehen in allen Finanzflüssen ein Zugriffsrecht
Überblick
Finanzagentur unterstellte 175.000 Veräußerungsgewinn
Ein Ehepaar kaufte im Jahr 2005 in Münster ein unbebautes Grundstück. Drei Jahre später führte die Stadt Münster ein Bodensonderungsverfahren durch. Dabei geriet den Behördenmitarbeiter auch das vom Ehepaar erworbene Grundstück ins Visier. Im Rahmen eines Sonderungsbescheides machte die Stadt Münster am 11.09.2008 ihre Ansprüche gegenüber dem Grundstück geltend. Das Grundstück sollte in den Besitz der Stadt übergehen. Das Ehepaar erhielt als Entschädigung einen Betrag von 600.000 Euro gutgeschrieben, nachdem das Ehepaar gegen den ursprünglichen Betrag von 470.000 Euro Widerspruch einlegte.
Den Mitarbeitern der hiesigen Finanzagentur ist der Übergang des Besitzverhältnisses nicht entgangen und rückten kurzerhand den geflossenen Betrag von 600.000 Euro in den Mittelpunkt. Sie waren der Auffassung, dass es sich mit dem Besitzerwechsel des Grundstücks um ein Privatgeschäft handelte und dies sei (natürlich) steuerpflichtig. Als Begründung sollte der kürzere Zeitraum von 10 Jahren zwischen Erwerb und Veräußerung des Grundstücks gelten. Das Ehepaar erzielte einen Veräußerungsgewinn von ca. 175.000 Euro und dies müsse versteuert werden.
Es fehlt am rechtsgeschäftlichen Willen des Ehepaares
Das Ehepaar zog aufgrund der Forderungen der Finanzagentur vor Gericht. Das Finanzgericht Münster (1 K 71/16 E) ist der Auffassung, dass es sich mit der Übertragung des Besitzverhältnisses an die Stadt nicht als ein Veräußerungsgeschäft anzusehen handelte. Das Ehepaar habe die Veräußerung nicht aus eigener Initiative heraus angestrebt. Dies sei allerdings Voraussetzung, damit es sich um ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft handelte. In diesem Fall, bei dem es sich um eine Enteignung handelte, mangelte es am rechtsgeschäftlichen Willen des Verkäufers.
Das Finanzgericht ließ die Revision zu. Die Kosten hat der Beklagte (also der Steuerzahler) zu tragen. Das Urteil ist aufgrund der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.