ifo-Institut kontert Schäubles Milchmädchen Vergleich

Griechenland-Pleite-

Das Münchener ifo-Institut bekräftigt die aufgestellte Rechnung der möglichen finanziellen Verluste für Deutschland. Falls Griechenland der Euro-Zone nach Insoolvenz den Rücken kehrt, wird es teuer, sollte das Land aber nach der Pleite in der Währungsgemeinschaft verbleiben, wird es noch teurer. Die Kritik des Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU), es handelte sich um eine „Milchmädchenrechnung“, weist das Institut zurück.

Hans-Werner Sinn
Hans-Werner Sinn
Chef des ifo-Instituts

Für die Bundesrepublik Deutschland bedeutete ein Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Gemeinschaft ein Verlust in Höhe von 82 Mrd. Euro. Jedoch wäre mit einem Verlust in Höhe von 89 Mrd. zu rechnen, wenn Griechenland nach einer Zahlungsunfähigkeit in der Euro-Zone verbliebe. Das ifo-Institut hatte die Berechnung zur Verlustaufstellung am 25. Juli 2012 veröffentlich. Finanzminister Schäuble reagierte mit scharfer Kritik und verglich die Aufstellung mit einer
„Milchmädchenrechnung„.

Das ifo-Institut stellt mit einer erneuten Presseerklärung fest, dass die festgestellten Verluste für die Bundesrepublik richtig seien. Die Berechnungsschritte zum Ergebnis wären nachprüfbar dargelegt.

Vielmehr hebt das ifo Institut eine Unstimmigkeit zu den Rechnungen des Bundesfinanzministeriums (BMF) hervor. Offenbar ignoriert das BMF die möglichen Verluste der Bundesbank, die jedoch vom ifo-Institut zur Gesamtaufstellung mit einbezogen wurden und darüber hinaus den größten Anteil der Gesamtverluste ausmachten. Bei dieser Aufstellung handelte es sich um den Fall, dass Griechenland nach einer Zahlungsunfähigkeit aus der Euro-Zone austritt.

Aufzuzählen wären demnach die möglichen

  • Verluste beim deutschen Anteil an den vom EZB-System gekauften griechischen
    Staatspapieren (12,4 Mrd. Euro),
  • Verluste beim deutschen Anteil an den Target-Verbindlichkeiten der griechischen Notenbank
    aus der Gewährung von Buch-Krediten an das griechische Bankensystem (27,0 Mrd. Euro),
    die über die eigene Liquiditätsversorgung Griechenlands hinausgehen, und
  • Verluste beim deutschen Anteil an den Verbindlichkeiten der griechischen Notenbank
    aus einem überproportionalen Verleih von Euro-Banknoten (4,8 Mrd. Euro).

Das ifo-Institut räumt zwar ein, dass die anfallenden Verluste für die Bundesbank zwar nicht unmittelbar haushaltswirksam wären, da der Bundesbank unterschiedliche Wege offen stünden, die Konsequenzen einer Griechenland-Pleite zeitlich zu strecken, aber dennoch handelte es sich immer noch um reale Verluste. Die Verluste wären über Verminderungen von Gewinnausschüttungen der Bundesbank an den Bundesetat spürbar. Möglich wäre sogar eine erzwungene Rekapitalisierung der Bundesbank mit Mitteln des Steuerzahlers.

ifo-Appell an die Bundesregierung: Transparenz für die Öffentlichkeit

„Die möglichen deutschen Vermögensverluste aus den Target-Krediten der deutschen Bundesbank sollen gegenüber der deutschen Öffentlichkeit nicht länger unter den Tisch gekehrt werden“.

Das bei weitem größte Risiko für die sogenannten Euro-Rettungen stellen die Target-Kredite dar. Diese Kredite unterliegen auch nicht der Kontrolle durch die Parlamente Europas. Sie entstehen aus der Duldung der Europäischen Zentralbank (EZB), dass Refinanzierungskredite an die Banken nur unzureichend besichert sind. Inzwischen sind die Verbindlichkeiten der Deutschen durch Target-Kredite auf etwa 730 Milliarden Euro angewachsen und sie steigen weiterhin an. Die bereits erreichte Größtenordnung entspricht ca. drei Viertel des Nettoauslandsvermögens Deutschlands.

Teile der Target-Kredite finden ihren Weg als öffentlich besicherte Kredite vom Bankensystem über die Bundesbank bis zu den Zentralbanken Europas. Damit steckt dahinter auch ein entsprechender Teil der deutschen Sparer.

ifo Institut weiß um die Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit
Das Münchener Institut fühlte sich dazu verpflichtet, als eine von Bund und Ländern geförderte Forschungseinrichtung, Politik und Öffentlichkeit „ungeschönt über die wahren Risiken einer potenziellen Zahlungsunfähigkeit Griechenlads zu informieren“.
(Offenbar die Anwort zu Schäubles Vorwurf von „mangelnder Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler“)

Bild: ifo-Institut

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