ifo-Chef Sinn zum EuGH-Urteil Anleihekaufprogramm: Bedauerlicher Fehler

Eurokrise-


Am Dienstag bestätigte der Europäische Gerichtshof (EuGH) das EZB-Programm der Anleihekäufe. Der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, bezeichnet diese Entscheidung als einen „bedauerlichen Fehler“.

Hans-Werner Sinn

ifo-Präsident Hans-Werner Sinn kritisiert EuGH-Urteil scharf

„Argumentation des Gerichts ist nicht nachvollziehbar“

EZB-Chef Mario Draghi dürfte mit dem am Dienstag gefällten Urteil des EuGH höchst zufrieden sein. Das Gericht bestätigte seine im Jahr 2012 konstruierte „Bazooka“ der notfalls unbegrenzten Anleihekäufe. Das Programm startete im März 2015 und sieht bis zum September 2016 ein monatliches Ankauf-Kontingent von 60 Mrd. Euro vor.

„Das ist ein bedauerlicher Fehler des Gerichts. Die EZB überschreitet sehr wohl ihre Kompetenzen und betreibt Wirtschaftspolitik. Das darf sie nicht“, so ifo-Chef Hans-Werner Sinn.

Der „kleine aber feine“ Unterschied zwischen Einhaltung des EZB-Mandats und dem Überschreiten der eigentlichen Aufgaben besteht offenbar zwischen dem direkten und indirekten Ankauf der Staatsanleihen. Die EZB kauft die Staatspapiere vom Sekundärmarkt, also nicht unmittelbar von den betroffenen Euro-Mitgliedsstaaten. Der EuGH stütze sich bei seiner Einschätzung auf die Behauptung, dass die Käufe der EZB nicht die gleichen Auswirkungen hätten wie Direktkäufe, da die Markt-Akteure diese Ankäufe nicht erwarten könnten. Es komme zu keinen Ankündigungen von Käufen und die Wartefristen können eingehalten werden.

Sinn sieht allerdings im Anleihekaufprogramm eine kostenlose Kreditausfall-Versicherung seitens der EZB. Die Notenbank hat angekündigt, Staatspapiere notfalls ohne Begrenzung ankaufen zu wollen. Damit habe die EZB praktisch die Risiken auf sich genommen und die Marktteilnehmer entlastet. Die Reaktionen der Märkte nach der EZB-Ankündigung zum „notfalls unbegrenzten Ankauf“ waren ähnlich wie bei einem Direktkauf. Die Spreads sanken massiv ab.

„Insofern ist die ökonomische Argumentation des Gerichts nicht nachvollziehbar und nicht wahrhaftig“, so Sinn.





Bild: ifo-Institut
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