Bringt Eindämmung Hochfrequenzhandel erwünschte Resultate?

Gebremster Hochfrequenzhandel-


Milliarden werden innerhalb Nanosekunden über die Börsenplätze geschoben. Dem Wertpapierhandel mit Lichtgeschwindigkeit soll ein Bremsklotz angehängt werden. Die Eindämmung des Hochfrequenzhandels soll vor allem den Großbanken ein mächtiges und auch gefährliches Werkzeug aus der Hand nehmen und gleichzeitig den kleineren Anlegern verbesserte Chancen bieten.

Ein „nagelneues“ Glasfaserkabel soll ausgebremst werden?

Hochfrequenzhandel
Mit Highspeed im Börsenhandel unterwegs

Der Hochfrequenzhandel ermöglicht den großen Finanzhäusern der Welt, Millionenbeträge zu verschieben, bevor ein Wimpernschlag zum Abschluss gekommen ist. Innerhalb nicht vorstellbar kurzen Zeiträumen haben die Kredithäuser ihren „persönlichen“ Schnitt gemacht und hinterlassen dem „Rest der Welt“ die weniger attraktiven Wertpapiere bis hin zu purem Ballast. Der Kleinanleger mit seinem Depot an der Direktbank erfreut sich über den Live-Ticker und erhält dennoch die vom Hochfrequenzhandel übrig gelassene Schlacke geliefert. Bevor der Anleger per Online-Auftrag eine Order abgesendet hat, wurden bereits mit Hochfrequenz weitere Milliarden verschoben und die „letzte Million“ noch mit dem Loslassen der Enter-Taste.

Im Prinzip stehen alle Börsen-Aktive dem Hochfrequenzhandel chancenlos gegenüber und dürfen sich um Stücke streiten, die in von den Löwen in der Börsen-Arena verschmäht wurden. Mit den neuen Regeln zum Hochgeschwindigkeitshandel an den Börsen sollen allerdings weniger die Kleinanleger geschützt, sondern vielmehr den Großbanken ein mächtiges Werkzeug aus der Hand genommen bzw. mindestens entschärft werden.

Die Großbanken schöpfen die Sahne an den Aktienmärkten ab, so Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank im Interview mit tagesschau.de (Donnerstag). Die „internationale Bankenaristokratie“ würde sich mit dem Hochfrequenzhandel ein hochkapitalintensives aber sehr profitables Geschäft zunutze machen. Eine Beschränkung dieser Handelswege sieht Hellmeyer als vollkommen berechtigt an und kam im Interview zur Feststellung, dass der Hochfrequenzhandel die Liquiditätslage nicht nachhaltig positiv beeinflusse.

Darüber hinaus müsse gewährleistet werden, dass alle Börsenteilnehmer die gleichen Zugänge erhielten, so Hellmeyer. Mit den hochfrequenten Handelswegen würden die internationalen Großbanken bevorzugt werden. Dies müsse abgestellt werden. Darüber hinaus würden durch eine Entschleunigung im Hochgeschwindigkeitshandel die Realwirtschaft und die Menschen profitieren, da ihre Unternehmen einer faireren Bewertung unterzogen würden. Enorme Schwankungen, wie diese bisher schon erlebt wurden, gingen zurück, ebenso die schon vorgekommenen Unfälle an den Märkten.

Finanztransaktionssteuer wirkt weniger als die Bremse im Hochfrequenzhandel
Während bei der Finanztransaktionssteuer mit erheblichen „Nebenwirkungen“ zu rechnen sei, obwohl auch diese Maßnahme zu einer Ausbremsung im schnellen Handel führte, würden beim Tempolimit im Hochfrequenzhandel ohne unerwünschte Wirkungen vor allem die Beteiligten getroffen werden, die letztendlich für die Finanzkrise verantwortlich wären, erklärte Hellmeyer im Interview mit tagesschau.de.

Ein paar Millisekunden hin oder her ?!

Ziemlich genau vor einem Jahr wurden die damals jüngsten Maßnahmen für einen „besseren Börsenhandel“ beinahe hoch gejubelt und gleichzeitig von Kritikern verflucht. Ein neues „exklusives“ Kabel sollte zwischen den Börsenplätzen London und New York über eine gut 6.000km lange Strecke durch den Atlantik verlegt werden. Das einzige Ziel: Die Beschleunigung des Hochfrequenzhandels.

Das Potenzial verdeutlicht den Börsen-Irrsinn
Der Aufwand für das neue Glasfaserkabel mit den Kosten von rund 300 Millionen US-Dollar sollte lächerlich klingende 6 ms (Millisekunden) Vorteil bringen. Wie lange würde es wohl dauern, bis die Gesamtrechnung durch den „teuer erkauften“ Vorteil wieder ausgeglichen ist? In wenigen Jahren. Zwar verlangt der Glasfaserkabel-Betreiber eine sehr hohe Gebühr, aber pro 1 ms Geschwindigkeitszuwachs erreichen die Händler einen Mehrgewinn von rund 100 Millionen Dollar pro Jahr. Andere Schätzungen sprechen von mehreren Dutzend Millionen Dollar zusätzlichen Gewinn pro jede Millisekunde Vorteil gegenüber dem Konkurrenten.

„Pikant“: Bundesbank kündigte den Start für Anfang 2013 an
Am 04. Juli 2012 veröffentlichte die Deutsche Bundesbank eine Stellungnahme zum neuen Glasfaserkabel für die Verbindung der Börsen New York und London. Die Inbetriebnahme der Leitung sollte demnach bereits Anfang 2013 vorgenommen werden.

Sehr anschaulich wird das Potenzial der Transatlantik-Verbindung dargestellt.
Der bisherige Rekord an Quotes (entspricht Datenanfragen) pro Sekunde wurde mit 47.138 am 24. April 2012 aufgestellt. Google verarbeitet pro Sekunde rund 34.000 Suchanfragen weltweit. Bei Twitter werden im gleichen Zeitraum kaum mehr als 10.000 Kurznachrichten online gestellt. Facebook kommt in der identischen Zeitspanne auf rund 6.000 Status Updates.

Mit einer beinahe schon „romantisch-sentimental“ anmutenden Einleitung wies die Deutsche Bank indirekt auf die „absolute Notwendigkeit“ der neuen Leitung für den Hochfrequenzhandel hin.

Lassen Sie uns dazu mit einem Blick zurück in das 19. Jahrhundert anfangen. Der 28. Juli 1866 markiert einen Meilenstein in der Geschichte der Kommunikationstechnik………Die enorme Zeitersparnis sorgte nicht zuletzt auch an den damaligen Kapitalmärkten auf beiden Seiten des Atlantiks für große Veränderungen. Die Märkte wuchsen deutlich enger zusammen, Preisunterschiede für Rohstoffe und Wertpapiere, die auf beiden Kontinenten gehandelt wurden, schrumpften drastisch und der wirtschaftliche Austausch über den Atlantik hinweg nahm sprunghaft zu. Keiner der damaligen Kommentatoren zweifelte daran, dass das Kabel ein wahrer Segen für die Menschen ist……

…..Heute, 146 Jahre später, macht sich erneut ein Schiff bereit den Atlantik zu überqueren. An Bord ist auch dieses Mal ein Kabel, welches die beiden Kontinente verbinden soll. Doch anstatt Telefonate und Internetdaten zu übermitteln, wird dieses Kabel ab 2013 ausschließlich Finanzdaten und Kursinformationen durchleiten…..“

Dennoch blieb die Bundesbank nicht unkritisch gegenüber der neuen „technischen Errungenschaft zum Wohle der Finanzmärkte“, sondern zeigte durchaus die teils unkalkulierbaren Risiken auf, die sich auf die Realwirtschaft auswirken könnten.

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