Bejubelter Haushaltsüberschuss 2015: Tropfen auf heißen Stein

Konjunktur-


Die Statistiker korrigierten den im Jahr 2015 geschätzten erzielten Überschuss des Bundes, der Länder und Kommunen auf 19,4 Milliarden Euro nach oben. Ein „Rekord-Überschuss seit der Wiedervereinigung“, so die Jubelrufe der Medien. Ein Tropfen auf den heißen Stein.

Unschärfe

Rekord-Überschuss 2015: Durch Freudentränen verschwommener Blick auf die Realität

Die Medien jubeln einhellig über den im Jahr 2015 erreichten „höchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung“. Die Kassen in Bund, Ländern und Kommunen können sich lt. dem Statistischen Bundesamt (Destatis) über einen Haushaltsüberschuss in Höhe von 19,4 Milliarden Euro freuen. Ein neuer Rekord.

Demnach sorgte die „robuste Konjunktur“ und der anhaltend lebhafte Konsum für ein Plus, das 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Die im Januar vorgenommene Schätzung ging noch von einem Überschuss von 0,5 Prozent (bzw. 12,1 Mrd. Euro) aus.

Lediglich die Versteigerungsaktion der Lizenzen für die Nutzung der UMTS-Mobilfunknetze sorgte im Jahr 2000 für einen anteiligen Überschuss von 0,9 Prozent. Damals lag das Haushaltsplus bei 18,2 Mrd. Euro.

Vom „Überfluss“ profitieren konnten neben dem Bund auch die Länder und Kommunen. 0,4 Mrd. Euro hatten die Bundesländer am Ende des Jahres 2015 als Überschuss verzeichnet. Die Kommunen freuten sich zum Stichtag 31.12.15 über ein Plus von 3,9 Mrd. Euro. Rekordbeschäftigung und ansteigende Löhne bescherten den Kassen der Sozialversicherungen tiefschwarze 4,8 Mrd. Euro.

Neben den höheren Einnahmen aus Steuern und Sozialversicherungen profitierte der Bund vor allem von den anhaltenden Niedrigzinsen. Die Ausgaben für Zinszahlungen sind auch im Jahr 2015 weiter geschrumpft (ebenso wie die Renditen für Sparer).

Blumige Inflation einer winzigen Kleinigkeit

Zwischen den ersten Einschätzungen zum im Jahr 2015 erzielten Haushaltsüberschuss und bis zum den abschließenden Zahlen vom Dienstag ist bereits einige Zeit vergangen. Das gilt insbesondere zu den Kostenprognosen für die Flüchtlingskrise.

Mitte Januar wurden die Flüchtlingskosten noch im Bereich von 21 Mrd. Euro im Jahr 2016 „verhandelt“. Der Finanz- und Rentenexperte Bernd Raffelhüschen rechnete am Dienstag im Interview mit Focus Online vor, dass sich die Ausgaben für die Bewältigung des Flüchtlingszustroms auf gut 900 Milliarden Euro summieren werden, bei „günstigen Voraussetzungen“.

Entsprechend positiv berichtete das Blatt über den im Jahr 2015 erzielten Rekord-Überschuss und brachte vor lauter Euphorie ein paar Maastrichter Definitionen durcheinander. Lt. Focus Online befand sich Deutschland im vergangenen Jahr weit „entfernt von der Schuldenobergrenze“, die sich die „Europäer zugestehen“ (dabei ist Europa nicht gleich EU). Erlaubt sei maximal ein Defizit von 3,0 Prozent des BIP.

Die Schuldenobergrenze hat der BRD-Haushalt jedoch seit Jahren überschritten und die BRD war auch das erste EU-Mitglied, das unter der rot-grünen Regierung (Kanzler Gerd Schröder) die Schuldenobergrenze durchbrach. Diese Grenze liegt bei maximal 60 Prozent des BIP. Seit dem Jahr 2002 liegt die BRD-Schuldenquote ohne Unterbrechung über der Maastrichter-Grenze. Im dritten Quartal 2015 lag die Schuldenquote bei 71,9 Prozent. In absoluten Zahlen bei rund 2,2 Billionen Euro.

Ein anderes Maastricht-Kriterium betrifft die Neuverschuldung pro Jahr. Hier schreibt der Maastricht-Vertrag ein Limit von 3 Prozent des BIP vor. Lediglich in diesem Punkt sieht der Tropfen auf den heißen Stein in Höhe von 19,4 Milliarden Euro ein wenig positiv aus. Doch von diesem höchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung der beiden Wirtschaftsgebiete wird nichts mehr übrig bleiben. Das erledigen die Zinskosten für den bisher aufgestauten Schuldenberg bereits alleine.





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