Basel III ist tot – Es lebe Basel III 2.0

Bankenregulierung-


Basel III erhielt nun endgültig ein neues Gesicht und gleichzeitig einen weiteren Puffer von vier Jahren, bis diese Regelung überhaupt voll zum Tragen kommen soll. Die Banken können sich von nun an mehr Zeit lassen, um die Liquiditätsreserven aufzufüllen und dies auch noch zu gelockerten Bedingungen.

Lockerung Bankenregelung
Gelockerte Bedingungen für Banken
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Aus den ursprünglichen Spekulationen über eine gewünschte Auflockerung der Regelung zu Basel III wurde Gewissheit. Der Baseler Ausschuss empfahl eine Verlängerung bis zur Erfüllungspflicht der Kredithäuser sowie diverse Lockerungen in der Handhabung.
Die Bankenaufsicht erklärte sich mit dem Vorschlag einverstanden und stimmte der „Empfehlung“ zu. Pünktlich zum eigentlichen Erfüllungstermin der ursprünglichen Zielsetzung wurde Version 1 revidiert und „Basel III 2.0“ aufgesetzt.

Banken haben ganze Arbeit geleistet – Hartnäckigkeit zahlt sich aus
Nach rund zwei Jahren des „Jammerns und Klagens“ der Geldhäuser gaben die Bankenregulierer nun „endlich nach“ und verleihen den Investment-Aktivisten mehr Freiraum, damit sich ihre „Todesangst“ verflüchtigt. Hauptargument der Banken gegen die bisherige Basel III Regelung war die mögliche Überlastung des Bankensystems, aufgrund hoher Zurückhaltung von Kapital. Final erhielten die Banken zusätzliche Unterstützung vom britischen Notenbank-Chef Mervyn Allister King, der das Vorhalten von Liquidität, ohne sie für die Kreditvergabe einsetzen zu können, als zu teuer für die Kredithäuser.

Wie sieht nun „Basel III 2.0“ aus?

Verlängerung der „Galgenfrist“
Die markanteste Änderung ist die Verlängerung der Soll-Erfüllung bis Ende 2018. Die Banken erhalten nun vier Jahre mehr Zeit, um die Liquiditäts-Kriterien zu erfüllen. Bis dahin müssen die Geldinstitute einen Puffer aufgebaut haben, der sie vor ggfs. kommenden Marktunruhen finanziell rüsten soll, ohne die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen zu müssen (z.B. Hilfsgelder aus den Kassen der EU-Steuerzahler).

Freiere Hand zur Wahl von Anlagentypen
Eine weitere Änderung / Lockerung zur bisherigen Basel III Regelung ist in der erweiterten Zusammensetzung der möglichen Wertpapiere zu finden. Die Banken sind nicht gezwungen, den finanziellen Puffer in Form von Geldscheinen im Tresor zu hinterlegen, sondern können sich aus einem Pool von Wertpapieren einen entsprechenden Finanzpuffer aufbauen. Hauptmerkmal ist die „relativ sofortige“ Erfüllung der Liquidität.

Bisher hätten die Institute nur zu Wertpapieren in der „Level 1“ Kategorie zurückgreifen dürfen. Diese Papiere zeichnen sich aufgrund sehr guter Ratings aus und werden an den Märkten zu den unterschiedlichsten Ausgangslagen akzeptiert. Neben dem (selbstverständlichen) Bargeld können auch Anleihen mit einbezogen werden. Den Banken ist ein Aufbau des Kapitalpuffers mit mindestens 60% Anteil dieser qualitativ hochwertigen Papiere vorgegeben.

Da die Banken nun „ausreichend lange monierten“, dass diese Level-1 Papiere zu teuer und zu wenig lukrativ wären, gibt es mit „Basel III 2.0“ nun eine Lockerung. Zu den 60% Bestandteilen aus Top-Papieren können Banken die restlichen 40% von nun an neben den bisher schon zugelassenen Bankenanleihen (Darlehen an Staaten, Hypotheken) sowie Unternehmensanleihen den Puffern auch mit Hypothekenanleihen und Aktien auffüllen.

Grenzwerte werden angepasst bis sie passen
Die Kredithäuser sollen auch im Krisenfall nicht von „Almosen“ der Steuerzahler abhängig werden um auch die Einlagen von Privatkunden (letzte Instanz?) zu schützen. Das ist der erklärte Grund für Basel III und die Aufstockung des liquiden Kapitalpuffers. Mit der Definition „Krisenfall“ beschäftigen sich u.a. die Finanzspezialisten wenn es um die Simulation einer solchen geht.

Anders herum sollen auch die Geldhäuser auf solideren Sockeln stehen, falls die Privatkunden auf die Idee kämen, bereits bei den ersten Gerüchten einer Krisensituation ihr angelegtes Geld abzuheben. Bisher wurden die Anteile der Kapitalabflüsse von Privatgeldern im Krisenfall auf 5% festgesetzt. Mit der Lockerung wird nur noch mehr ein Wert von 3% angenommen, den die Banken in einer Krisensituation zu stemmen hätten. Ähnlich wird mit den Geldeinlagen der „Großkunden“, wie u.a. Länder und Unternehmen, vorgegangen. Deren „gefürchteter“ Kapitalabfluss wird vom ursprünglichen Wert 40% auf 20% glatt halbiert.

Der Baseler Ausschuss hat dem theoretischen Krisenszenario den „halben Schrecken“ genommen und somit die Banken von ihren „Albträumen“ befreit. Unterm Strich sinken die Anforderungen zum Volumen des vorrätigen Kapitalpuffers.

Erprobte Augenwischerei durch Grenzwertverschiebungen

Die Vorgänge zur Bankenregelung erinnern an den nie „wirklich angenommenen“, aber tatsächlich eingetretenen Super-Gau in Tschernobyl April 1986. Die radioaktive Staubwolke wurde vom Wind vor sich her getrieben und verbreitete sich über tausende Kilometer. Ein großer Anteil der mit atomaren Zerfallsprodukten kontaminierten Wolke fiel wetterbedingt ausgerechnet über Deutschland herab.

Die Meßergebnisse zeigten deutlich überhöhte radioaktive Belastungen des Bodens, sowie weite Bereiche der landwirtschaftlichen Nahrungsprodukte. Die Grenzwerte waren weit überschritten. Um die Gefahr schnellstens und kostensparend einzudämmen, wurden die Grenzwerte zur Radioaktivität kurzerhand angehoben. Damit war die „Gefahr elegant gebannt“.

Dieses Modell des „Krisenmanagements“ nahm sich die EU zum Vorbild, als es darum ging, die radioaktiven Belastungsgrenzen z.B. für Cäsium-134 und -137 von 600 auf 1250 Becquerel anzuheben. Der verdoppelte Wert markiert die „verträgliche“ Belastung für Lebensmittel. Diese Anpassung wurde nur kurz nach dem Unglück im japanischen Fukushima veranlasst.


Info-Quelle: F.A.Z. 07.01.13

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