Agenda 2010: Schulz hat die „Heilige Kuh“ angefasst
Martin Schulz kündigt als SPD-Kanzlerkandidat Korrekturen bei Agenda 2010 an und hat fasste damit die „Heilige Kuh“ der Konzerne, Lobbyisten und Medien an. Prompt war der von Wähler-Umfragen ermittelte Höhenflug der SPD beendet, aus den Reihen der Arbeitgebervertreter hagelt es Kritik und die Union outet sich als Unterstützer des damals rot-grün angemalten größten sozialen Abbaus in der Geschichte der Bundesrepublik.
Überblick
Agenda 2010 – Die „Heilige Kuh“ der Konzern-Handlanger

Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat mit seiner Ankündigung der Korrektur so mancher Regeln der Agenda 2010 offensichtlich eine „heilige Kuh“ angefasst. Die Kritiken aus den Reihen der Arbeitgebervertreter wurden von den generell arbeitgebernahen Leitmedien umgehend lauthals in die Öffentlichkeit hinaus posaunt. Agenda 2010 ist ein Konstrukt der Regierungskoalition aus SPD und Grünen unter Kanzler Schröder. Die nun ebenfalls entsetzten Töne aus den Lagern der Union, zeigen abermals ihre permanent klar opportun ausgerichtete Politik zugunsten der Wirtschaft und deren Konzerne.
Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), schoss bereits in seinen Gastbeiträgen für n-tv und Focus gegen die Korrekturvorschläge des SPD-Kanzlerkandidaten und legte für seine Argumentation einen Schwerpunkt in die vermeintlich positiven Entwicklung der Arbeitslosigkeit „dank“ Agenda 2010. Allerdings konnte der IW-Chef bei der Nennung der Arbeitslosenzahl im Jahr 2016 offensichtlich nicht auf die Einschränkung der „registrierten“ Arbeitslosen verzichten.
Nun legt auch CSU-Chef Horst Seehofer nach und bezeichnete die Reformvorschläge von Martin Schulz als einen Rückfall in die Zeit der Massenarbeitslosigkeit. Diese Zeit sei dank Agenda 2010 „Gott sei Dank“ beendet worden, so der bayerische Ministerpräsident.
Ein Bestandteil der Reformvorschläge zu Agenda 2010 ist die Verlängerung von Arbeitslosengeld I auf 24 Monate. IW-Chef Hüther hielt im Focus-Beitrag dagegen: „Wer auf 24 Monate Geld vom Amt vertrauen kann, geht mit geringerer Dringlichkeit an die Jobsuche als jemand, dem schon nach zwölf Monaten Hartz IV droht. Je großzügiger die soziale Leistung ist, desto höher sind die Lohnansprüche an eine neue Beschäftigung.“ Dabei brachte es Hüther selbst auf den Punkt. Dem Betroffenen „erwartet“ nicht, sondern es „droht“ Hartz IV. Angesichts der auf realitätsfremder Basis berechneten Hartz IV -Sätze und der Möglichkeiten der Jobcenter, die Leistungen willkürlich, bis hin zur totalen Leistungsversagung zusätzlich zu kürzen, ist Hartz IV für die Betroffenen tatsächlich als eine Bedrohung anzusehen.
Für IW-Chef Hüther ist die Forderung nach Löhnen über das Mindestlohn-Maß hinaus offenbar unverfroren. Für Langzeitarbeitslose gilt die Mindestlohnregelung für 6 Monate ohnehin nicht und die befristeten Beschäftigungsverhältnisse werden u.a. vom IW im Rahmen der „Flexibilisierung des Arbeitsmarktes“ mit Feuer und Flamme unterstützt.
Die Wähler scheinen eine seltsame Natur zu haben
Die SPD erlebte mit der Ernennung von Martin Schulz als Kanzlerkandidaten einen wundersamen raketenhaften Aufstieg in der Gunst der potenziellen Wähler, so zumindest die immer wieder von von Emnid und Infratest präsentierten Umfrage-Ergebnisse. Dieser Senkrechtstart fand ein jähes Ende als Schulz die ersten Reformvorschläge zu Agenda 2010 formulierte. Der SPD-Politiker sprach von mehr sozialer Gerechtigkeit, u.a. durch höhere Lasten für die Vermögenden und prompt scheinen sich die bisher benachteiligten Bundesbürger wieder von der SPD abzuwenden. Die Führungsrolle bei den Umfrageergebnissen ging verloren und wurde wieder der Union zugeteilt. Da lt. den präsentierten Umfrageergebnissen auch die AfD sowie weitere Parteien Federn ließen, scheint die „Begeisterung“ für Angela Merkel (CDU) wieder anzuwachsen.
Viel Lärm um Nichts. Die SPD, die soziale Partei mit umfangreichsten sozialen Abbau in der Geschichte der BRD im Gepäck, entdeckt ihre soziale Ader traditionell nur während der Wahlkampfphase. Es ist völlig unerheblich, in welcher Konstellation die nächste Regierung zusammengestellt sein wird. Die im Interesse der Wirtschaft geführte Politik findet auch in der nächsten Legislaturperiode ihre gewohnte Fortsetzung. Daran wird auch ein Martin Schulz nichts ändern.