Gesundheitsfonds: Streit um Praxisgebühren und Beitragssätze
Derzeit durchleben die gesetzlichen Krankenkassen „fette Zeiten“. Der Gesundheitsfonds ist unerwartet prall gefüllt und niemand scheint so recht zu wissen wohin mit dem vielen Geld. Gefordert werden u.a. die Abschaffung der Praxisgebühr, eine Absenkung der Beitragssätze und sogar die „sofortige Rückgabe an die Eigentümer“.
Überblick
Uneins zur „überflüssigen“ Rekordsumme im Gesundheitsfonds
Man darf gespannt sein, wie lange es dauern wird, bis ggfs. eine Einigung zu den derzeit hitzig debattierten Praxisgebühren getroffen wird. Die Forderungen aus den unterschiedlichen politischen Lagern wechseln zwischen „sinnvoll und überfällig“ und „Umlegung auf geringere Beitragszahlungen“.
FDP-Chef Philipp Rösler hält die Abschaffung der Praxisgebühr, „angesichts der immensen Überschüsse bei den Kassen“, für sinnvoll und auch überfällig. Der Rheinischen Post erklärte der Bundeswirtschaftsminister, dass der Wegfall der Praxisgebühr auch weniger Bürokratie für die Ärzte bedeute. Dazu käme es zu einer Wiederherstellung von guten Arzt-Patienten-Beziehungen und ganz besonders „weniger Ausgaben seitens der Patienten“.
Max Straubinger, CSU-Gesundheitspolitiker und stellvertretender Vorsitzender der Landesgruppe im Bundestag, hält nicht viel von einer Abschaffung der Gebühren, sondern plädierte bei der Passauer Neuen Presse für eine Absenkung der Versicherungsbeiträge von derzeit 15,5 Prozent um 0,2 bis 0,3 Punkte. Das entspräche einer Entlastung um rund zwei Milliarden Euro oder sogar mehr und dies wäre durchaus verantwortbar.
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) signalisiert zu diesem Thema bereits eine Abkehr von ihrer ursprünglich ablehnenden Haltung. Einer Zustimmung der FDP-Forderungen gilt inzwischen als nicht mehr unwahrscheinlich.
Zu Wort meldete sich auch der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. (BdSt). Die derzeitigen Prognosen des GKV-Schätzerkreises veranlassten den Bund der Steuerzahler, eine teilweise Ausschüttung der hohen Reserven des Gesundheitsfonds an die Beitragszahler einzufordern. Dazu könne entweder der allgemeine Beitragssatz reduziert werden, oder es erfolgte eine individuelle Auszahlung von Beitragsprämien. Der BdSt-Präsident Reiner Holznagel erklärte unmissverständlich, „Der Gesundheitsfonds ist keine Sparkasse! Er braucht kein hohes Finanzpolster. Um das Geld vor willkürlichen Zugriffen zu schützen, sollte es umgehend an die Beitragszahler ausgeschüttet werden. Es ist schließlich ihr Geld!“.
Immerhin kündigten zahlreiche Krankenkassen bereits eine Rückzahlung von Beitragsanteilen an. Darunter auch die BIG Direktkrankenkasse, die für 2013 umfangreiche Beitragserstattungen an ihre Mitglieder leisten will.
„Die Gefahr der Entwendung nach Zwischenlagerung“
Die ggfs. versteckte Andeutung des BdSt, die angehäuften Milliardensummen des Gesundheitsfonds könnten in die falschen Kanäle geleitet werden, ließe sich angesichts der Rentenkassen durchaus verstehen. Immerhin sind diese Gelder dem Steuerzahler bereits entnommen und liegen dem Griff durch den Staat um Armlängen näher als dem zahlenden Kassenpatienten. Das stets anwachsende Haushaltsdefizit motiviert die teils „fantastisch anmutenden Ideen“ der Politiker in gleichem Ausmaß.
Es ist beinahe schon ironisch, dass zum Jahresende im Gesundheitsfonds eine Summe erwartet wird (rund 29 Milliarden Euro), die beinahe der geforderten Hilfszahlung an Griechenland entspricht (31,5 Milliarden Euro).