Girokonten sind neugierigen Blicken schutzlos ausgeliefert
Die Girokonten der Bundesbürger sind den neugierigen Blicken von Stellen der öffentlichen Hand schutzlos ausgeliefert. Nachdem die Bundesregierung das Werkzeug Kontoabfrage weiter verteilte, übernahm die Privatwirtschaft inzwischen das Zepter.
– Abfragen nähern sich der 1%-Marke aller geführten Girokonten
– Grund für Einführung Kontoabfragen: Geldwäsche und Terror
– Normgeber gab Privatgläubigern die gleichen Rechte wie Terrorbekämpfer

Wer sein vermeintliches Hab & Gut verschweigt, kann auch hinter Gitter landen
Überblick
Abfragen nähern sich der 1%-Marke aller geführten Girokonten
Die Anzahl der im Bundesgebiet geführten Girokonten ist in den vergangenen Jahren (fast) kontinuierlich angestiegen. Inzwischen zählen die Banken und Sparkassen etwas mehr als 100 Millionen Girokonten. Allerdings stieg mit der Kontoanzahl auch die von Gerichtsvollziehern und Behörden erhaschten Blicke auf diese Girokonten an. Man wolle in Erfahrung bringen, ob ein ins Visier genommener „Delinquent“ über weitere bisher unbekannte Konten verfügt und ob sich auch Geld darauf befinde. Angeblich erfahren die Anfragenden nichts über die auf den Konten befindlichen Summen.
In den Monaten Januar bis September 2019 erhielten Gerichtsvollzieher, Finanzagenturen und Sozialbehörden mehr als 688.600 Antworten vom Bundeszentralamt für Steuern bezüglich vorhandener Girokonten, so die Welt am Sonntag vorliegenden Daten. Damit stieg die Zahl der Anfragen gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um rund 100.000 an. Voraussichtlich wird in 2019 die Gesamtzahl der Anfragen nach 796.000 im vergangenen Jahr die Marke von 900.000 knacken.
Grund für Einführung Kontoabfragen: Geldwäsche und Terror
Kontoinhaber müssen über eine erfolgte Anfrage informiert werden. Allerdings geschieht dies naturgemäß immer erst im Nachhinein. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, erinnerte daran, dass das sog. Kontoabrufverfahren mit der These über Terrorismus- und Geldwäschebekämpfung eingeführt wurde. Nacheinander erhielten immer mehr Stellen die Möglichkeit für einen Kontoabruf. Nach den für die Terror- und Geldwäscheabwehr zuständigen Stellen erhielten im Jahr 2005 die Sozialbehörden und Finanzagenturen die Befugnis. Terror und Geldwäsche wurde erweitert mit den Attributen „Sozialschmarotzer“ und „Steuerbetrüger“. Zumindest blieben diese Kontoabfragen noch in der öffentlichen Hand. Jedoch nur bis zum Jahr 2013. Dann bekamen auch private Gläubiger ein Werkzeug in die Hand gedrückt, um über einen Gerichtsvollzieher die Konten der (vermeintlichen) Schuldner zu durchleuchten.
Normgeber gab Privatgläubigern die gleichen Rechte wie Terrorbekämpfer
Es dauerte gar nicht lange, bis die Kontoabfragen privater Natur das Zepter übernahmen. Von den bisher im Jahr 2019 erfassten Kontoabfragen wurden lt. Welt am Sonntag 452.750 von Gerichtsvollziehern zugunsten Privatgläubiger durchgeführt. Privatisierung bzw. handelsrechtliche Strukturen scheinen auch für die sog. öffentliche Hand eine Leitlinie zu sein. Bis zum Jahr 2016 galt ein Schwellenwert von 500,- Euro ab wann die Privatgläubiger Kontoabfragen durchführen konnten. Diese Hürde ist seitdem abgeschafft.
Vermögenswerte müssen aufgedeckt werden, so die Begründung des Bundesjustizministeriums zur angewandten Praxis. Die weitere Verlautbarung des Ministeriums könnte auch so verstanden werden, dass Betroffene froh sein können, nicht verhaftet zu werden. Dies sei aufgrund der Befugnisse des Gerichtsvollziehers gemäß Paragraph 802g Zivilprozessordnung zur Vollstreckung von Geldforderungen durchaus zulässig. Das Bundesjustizministerium spricht über die Kontoabfragen zwar von einem „schwächeren Grundrechtseingriff“ als bei einem Freiheitsentzug, gibt allerdings damit klar zu erkennen, einen Eingriff in die Grundrechte zu tolerieren, egal ob nun „schwach“ oder „stark“.
802g Zivilprozessordnung beschreibt die sog. Erzwingungshaft und erlaubt den Gerichtsvollzieher keineswegs, den Schuldner von der Stelle weg zu verhaften. Der Gerichtsvollzieher kann seine Wünsche dem Gericht vorlegen und dieses entscheidet letztendlich über einen Haftbefehl. In konkreten Fällen handelt es sich um die Verweigerung des Schuldners, eine Vermögensauskunft (ehem. Offenbarungseid, eidesstattliche Erklärung) zur Person abzugeben.
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