Leidenschaftliche Sparer im Sinneswandel – Die Lust auf Rücklagen sinkt
Der leidenschaftliche deutsche Sparer unterliegt offenbar einem Sinneswandel. Die Lust auf Rücklagen sinkt, vor allem für die langfristige Altersvorsorge. Deutschland beherbergt Girokonto-, Sparbuch- und Tagesgeld-Fans, aber zugleich auch ausgeprägte Aktien-Muffel.
Deutschlands Sparer weisen ein sehr eigenwilliges Konzept vor
Überblick
Lediglich 3 Prozent der Sparer wagen sich an Aktienmärkte
Der Deutsche ist ein leidenschaftlicher Sparer und legt sein Geld bevorzugt für die „schlechten Zeiten“ an, so das weitläufige Klischee mit einem großen Kern an Wahrheit. Der deutschen Sparernatur als Vorsorger für karge Lebensphasen steht allerdings ein immer geringerer Spielraum zur Verfügung. Darüber hinaus zeigt sich eine immer größer werdende Unlust zum Sparen.
Im Jahr 2016 wollen sich nur rund 12 Prozent der Bundesbewohner um die eigenen Finanzen kümmern, so das Studienergebnis von comdirect im Rahmen des „Spar- und Anlageindex“. Im Dezember 2015 lag der Index bei 88,8 Punkte, der tiefste Stand im gesamten Jahr. 41 Prozent der Bundesbürger legten weniger als 50 Euro oder überhaupt nichts zurück.
„Abwarten und Tee trinken. Wenn was kommt, dann schnell reagieren können“. Nach diesem Motto könnte die Strategie der meisten privaten Geldanleger ausgerichtet sein. Die Mehrheit will sich im Jahr 2016 überhaupt nicht um eine Veränderung der eigenen Anlagenstrategie kümmern. Wer dennoch Geld zurück legt, will bei Bedarf ohne Verzögerung darauf zurückgreifen können.
So kommt es auch, dass das „ordinäre“ Girokonto von 58 Prozent der Sparer als ein Anlagenkonto verwendet wird. Die Zinsen für das Girokontoguthaben sind, wenn überhaupt welche angeboten werden, auf unterstem Niveau. Für viele Kontoinhaber sollten die immer näher rückenden „Strafzinsen“ eigentlich kaum von Bedeutung sein. Kontoführungsgebühren für ein Girokonto ohne Guthabenzinsen könnten bereits jetzt schon als „Negativzins“ interpretiert werden.
Die langfristige Orientierung nach vorne verschwindet bei den Sparern zunehmend aus dem Blickfeld. Dabei sollten „neben Sparbuch, Tagesgeld und Co.“ besonders in der Niedrigzinsphase auch alternative Anlageformen, wie u.a. Wertpapiere in Betracht gezogen werden, so Kirsten Albers, Leiterin Banking bei comdirect.
Der „typisch deutsche“ Sparer zeigt zwar eine relativ hohe Bereitschaft zum Sparen, aber bei der Umsetzung hapert es dann doch ganz ordentlich. Immerhin bekundeten 38 Prozent der Befragten ihren Willen zu mehr Sparmaßnahmen. Lediglich 8 Prozent wollen sich im Jahr 2016 mit mehr finanziellen Aufwand für die Altersvorsorge kümmern. Nur 3 Prozent der befragten Personen wollen einen Schritt seitwärts unternehmen, um das Geld verstärkt an den Aktienmärkten anzulegen.
Die beliebtesten Sparanlagen des Deutschen
Rang | Finanzprodukt | Anteilig |
1. | Girokonto | 58% |
2. | Sparbuch | 56% |
3. | Tagesgeld | 42% |
4. | Bausparvertrag | 34% |
5. | Lebensversicherung | 31% |
6. | Bargeld | 30% |
7. | Altersvorsorge | 29% |
8. | Fonds | 21% |
9. | Festgeld | 20% |
10. | Aktien | 13% |
Die Sicherheiten einer Geldanlage liegen oftmals an ganz anderer Stelle
Die Rangliste der beliebtesten Sparanlagen der Deutschen zeigt eindeutig, worin sie ihren Schwerpunkt legen. Girokonto, Sparbuch und Tagesgeld auf den ersten drei Plätzen belegen den ausgeprägt geringen Wunsch nach Renditen. Vielmehr stechen diese drei Klassiker durch die schnelle Verfügbarkeit des angelegten Geldes hervor. Auf der sechsten Position befindet sich die „historische Nullzins-Anlage“, das Kopfkissen oder der Sparstrumpf. Angesichts der aktuellen Ambitionen von Politik und Europäischer Zentralbank (EZB) könnte auch die „Anlagenform Bargeld“ zeitnah der Geschichte angehören.
Eine Vorliebe für Aktien zeichnet den Deutschen wahrlich nicht aus. Dabei sollte der auf Sicherheit bedachte Sparer beherzigen, dass bei der „Rettung“ der zyprischen Banken die Guthabenkonten der Sparer geschmälert wurden, aber die Depots für Aktien und weitere Wertpapiere völlig unbehelligt blieben. Der Grund dafür war trivial. Um den Aktieninhabern den von der Eurogruppe (Finanzminister der Euroländer) gewünschten Betrag einzuziehen, hätten große Anteile dieser Wertpapiere auf einen Schlag veräußert werden müssen. Eine „Schwemme“ aus den auf den Markt geworfenen Aktien hätte die Kurse in den Keller geschickt. Das wollten aber die Big-Player an den Handelsplätzen ganz und gar nicht akzeptieren. Somit beteiligte man für die „Rettung der Banken“ nur die Inhaber von „sicheren“ Geldanlagen. An die EU-weit geltende Einlagensicherung von 100.000,- Euro erinnerte man sich erst im zweiten Anlauf, nach heftigen Protesten der Öffentlichkeit.