Auskunftsansprüche: „Inkasso“-Check der Verbraucherschützer ist unvollständig

BGH-Urteil Verbraucherschutz-


Bereits im Februar 2018 starteten die Verbraucherzentralen den sogenannten „Inkasso“-Check. Das Tool soll Betroffenen helfen einzuschätzen, ob erhobene Forderungen berechtigt sind.

Zu häufig wird gezahlt, obwohl dies eigentlich nicht sein müsste. Der „Inkasso“-Check stellt sogar Musterbriefe bereit, um gegen unberechtigte Forderungen vorzugehen.

Das Bundesjustizministerium hat das Projekt deshalb finanziell gefördert, weil die Idee des Tools auch bei ihm Anklang fand. Allerdings zeigt sich nun, dass der Check unvollständig ist. Er berücksichtigt die aktuelle Rechtslage bezüglich Auskunftsansprüchen nicht.

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Auskunftspflicht zum Zugewinnausgleich

BGH: Auskunftsansprüche verjähren gemeinsam mit dem Anspruch auf Zugewinnausgleich Konkret geht es um das Szenario, dass ein Inkasso-Verfahren durch Unterhaltsansprüche eingeleitet wird. Der BGH hat hierbei die Verjährung von Auskunftsansprüchen neu bewertet. Strittig war, ob Partner nach der Trennung bzw. Scheidung nach Erreichen des Zugewinnausgleichs noch gegenseitig Auskünfte erteilen müssen oder nicht.

Konkret hatte eine Ehefrau auf Zahlung des Ausgleichs geklagt. Ihr von ihr getrennt lebender Gatte war durchaus zur Zahlung gewillt, verlangte aber Auskünfte über das aktuelle Vermögen seiner Frau, um ihr Vermögen berechnen zu können. Sie verweigerte die Auskunft und war der Ansicht, dass sein Auskunftsrecht durch die Trennung verjährt sei. Dem widersprach der BGH: Das Auskunftsrecht sei ein „dienendes Recht“, hieß es zur Begründung. Es sei als Hilfe notwendig, um dem Verlangen der Gattin nachzukommen. Der Ehemann habe deshalb das Recht, Belege anzufordern und sie notariell oder behördlich überprüfen zu lassen.

Das Auskunftsrecht erlösche gegenseitig mit dem Erreichen des Zugewinnausgleichs. Dies bedeutet, dass anschließend keine Informationen mehr preisgegeben werden müssen. Zuvor stehen jedoch beide Seiten in der Pflicht, diese zu belegen. Die Frau im Fall hätte beispielsweise nicht ein Inkasso-Verfahren eröffnen dürfen, um den Zugewinnausgleich einzufordern, wenn sie ihre Vermögensauskünfte nicht belegt.

Im Zivilrecht existiert ein Prinzip, dass Urteile „analog“ auszulegen sind. Dies bedeutet, dass in vergleichbaren Fällen aus anderen Bereichen die identische Logik anzuwenden ist, die dem ursprünglichen Richterspruch zugrunde liegt – zumindest solange, bis ein Gericht gegenläufig urteilt oder sich die Gesetzeslage ändert.

Als Beispiel für das analoge Prinzip anhand des aktuellen BHG-Urteils: Sämtliche Auskunftsansprüche eines Gläubigers gegenüber einem Schuldner verjähren (d.h. erlöschen) mit dem Moment, indem die Forderung beglichen ist. Davor darf der Schuldner sehr wohl Auskunft darüber verlangen, wie die Forderung zustande kommt und die Angaben überprüfen lassen. Keineswegs erlischt dieses Recht beispielsweise dadurch, dass der Schuldner einen Vertrag unterzeichnet hat, durch den die Forderung angefallen ist.

„Inkasso“-Rechner berücksichtigt Auskunftsansprüche nicht

Der „Inkasso“-Rechner berücksichtigt die durchaus zentrale Frage der Auskunftsansprüche nicht. Er gibt lediglich die Auswahl, dass eine Forderung bewusst nicht beglichen wurde, weil es Unstimmigkeiten gab. Anschließend erklärt das Tool jedoch lediglich, dass es nicht helfen kann, aber gerne an weitere Beratungsmöglichkeiten im jeweiligen Bundesland verweist.

Dieses Beispiel zeigt: Das Tool ist (derzeit) möglicherweise ein guter erster Hinweis, ob eine erhobene Forderung eines Inkasso-Unternehmens berechtigt ist oder nicht. Allerdings gibt es keine finale Klarheit, da es rechtlich nicht auf dem aktuellen Stand ist. Eigenrecherchen oder die Unterstützung von Experten bleiben im Zweifel unverzichtbar.


Bild: Pixabay

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