Zinsentwicklung 2012: Finstere Aussichten für Privatanleger

Zinsentwicklung 2012-

Die Ereignisse innerhalb der politischen und wirtschaftlichen Plattformen Europas überschlagen sich. Privatanleger nehmen die neuesten Beschlüsse der EU sowie der Bundesregierung zur Kenntnis und erhalten durch die Medien umfangreiche Schilderungen zu den globalen Folgen, teils als Analysen oder auch als persönliche Meinungen der Kolumnisten.

Welche Auswirkungen werden die politischen Entscheidungen auf die Zinsentwicklung für die Sparanlagen haben?

Was helfen die Erkenntnisse, Vermutungen und Befürchtungen über die folgenschweren Entscheidungen auf europäischer Ebene, wenn der Privatanleger primär sein persönliches Sparkonto im Fokus behält. Wie sicher sind die Einlagen noch, mit wieviel Zinsen darf noch in einem halben Jahr oder in 2 Jahren gerechnet werden?

Die Zinsentwicklung folgt derzeit keinen altbekannten „Regeln“
Das Gewohnte zu den bisherigen Zinsenwicklungen kann getrost über Bord geworfen werden. Bereits im Herbst vergangenen Jahres zeichnete sich die Situation ab, die heute erreicht wurde.
Die Leitzinsen befinden sich auf Knöchelhöhe, der Verbraucherpreisindex liegt weit darüber und ein Ende der Bankenkrise ist überhaupt nicht abschätzbar.

Das Zinsniveau ist durch die EZB-Vorgabe auf einem historisch erstmalig dauerhaften Tiefflug.
Mit gerade 1% Leitzins wird den Banken die Kreditaufnahme erleichtert, um weiter in einem begrenzten Rahmen liquide bleiben zu können.

Deutsche Anleihen bewegen sich ebenfalls auf einem Level, das den Anlegern seit Monaten Negativ-Renditen beschwert. Besonders 10-jährige Laufzeiten fordern den Anlegern ein hohes Maß an Geduld, Hoffung und ein besonders niedrigen Adrenalinspiegel ab. Besserung durch ansteigende Zinsen ist so schnell nicht in Sicht.

Ratingagenturen werden demnächst Deutschland auf’s Korn nehmen
Die Schonfrist durch die drei großen Bonitätsbewerter Moody’s, Fitch und S&P ist bald abgelaufen. Eine Abstufung von der augenblicklichen Top-Bewertung „AAA“ wäre eine logische Konsequenz. Deutschland muß überproporzional mehr schultern, als dass die Wirtschaftskraft an Wachstum jemals erreichen könnte.

Eine Abstufung der Bonität Deutschlands hätte einen Anstieg der Zinsen für die Staatsanleihen zur Folge. Die Kreditbeschaffung würde erschwert werden. Eine völlig kontraproduktive Entwicklung.

Schleierhaft ist nur, dass die Ratingagenturen trotz klarer Abzeichnung der Entwicklungen bisher an Deutschlands Top-Bonität festhielten. Die klaren Zahlen, Schulden, BSP und Wachstum, sollten auf ein anderes Ergebnis hinweisen.

Eine Erklärung wäre die künstliche Top-Bonität, um den gewünschten Zielen, Deutschland als größten Lastenträger einzusetzen, eine Basis zu schaffen. Hätte Deutschland schon letztes Jahr eine mäßige Kreditwürdigkeit zugesprochen bekommen, wären alle Schritte bis zur Ratifizierung des ESM lediglich reine Hypothese gewesen sein.

Sparzinsen voraussichtlich weiterhin im Abwärtstrend

Zinsentwicklung
Wohin geht die Zinsentwicklung?

Für eine genaue Prognose über die wenigstens mittelfristige Zinsentwicklung noch im Jahr 2012 ist kein seriöser Analyst bereit. Selbst die Politik spricht nach maßgeblichen Entscheidungen lediglich von „Signalen an die Märkte“.

Von endlich gefunden Rezepten aus der Schulden-Misere kann keine Rede sein. Eine Mindestvoraussetzung wäre z.B. die europäischen Banken dazu zu bewegen, ihre Bilanzen endlich offen zu legen. Der Politik kann nur von Vermutungen ausgehen, denn echte harte Fakten über die tatsächliche Höhe der Verschuldungen liegen den Entscheidungskräften gar nicht vor.

Zinstrend steht weiter auf Talfahrt
Trotz aller Unsicherheiten steht dennoch die Zinsentwicklung 2012 noch klar auf Abwärtsfahrt.
Wie steil der Weg nach unten führt ist ungewiss, aber der Ball rollt.

Bisher nahmen die Banken für Privatsparkonten überwiegend Festgeldanlagen und Termingelder unter das operative Messer. Zwischen kurzfristigen Anlagen und den langfristigen Festzinskonten wurde die gesamte Bandbreite der Zinssätze gekürzt. Ein sicheres Zeichen für Pessimismus was Anlagen über Jahre betrifft.

Seit Mitte Juni zeichnet sich ab, dass auch die Neuberechnung der Tagesgeldzinsen verstärkt auf der Tagesordnung der Banken steht. Tagesgeldrenditen überleben meist die kurzen Spitzen und Einbrüche der Zinsmärkte. Greifen die Banken auch an diesem Punkt zu Kürzungen, kann von einer mindestens mittelfristig verbleibenden Absenkung der Renditen ausgegangen werden.

Der Jubel über EU-Beschlüsse wird als Strohfeuer enden

Die Börsen und Aktionäre jubelten bereits nach dem Zwischenbericht des in Brüssel tagenden EU-Gipfels und erhielten nach den ESM-Zustimmungen durch den deutschen Bundestag und Bundesrat am Abend des 29.06.2012 einen weiteren Auftrieb.

Als wenn ein Schalter umgelegt wurde, sanken die Zinsbelastungen für Spanien und Italien erheblich.
Diese beide Länder, bzw. deren hochverschuldeten Banken, erhalten eine Finanzspritze von insg. 120 Mrd. Euro aus den bereits bestehenden Fonds EFSF. Sogar der ESM wurde im EU-Gipfel als Geldquelle festgelegt, ohne dass dieser eine Gültigkeit besitzt.

In erster Linie ist wiederholt an den Börsenreaktionen sehr leicht erkennbar, wem die Schulden zuzusprechen sind und wer letztendlich deren Schulden zu tragen hat.
Die Definition Staats- oder Länderschuldenkrise ist völlig falsch. Es handelt sich um eine Bankenkrise, die ihre Regierungen in die Pflicht nehmen wollen und auch sehr erfolgreich damit sind.

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt betrifft die „last-minute-Änderung“ der ESM-Regelungen beim EU-Gipfel. Hilfsgelder aus dem Fonds des ESM können mit der modifizierten Satzung direkt an die Banken überwiesen werden. Ein Kontrollgremium in der Form einer bereits debattierten Bankenaufsicht auf europäischer Ebene ist noch nicht weit über die Planungsphase hinaus gekommen.

Schon längst leihen sich Banken von der EZB Kredite mit einem niedrigen Zinssatz in Höhe von 1% und reichen das Kapital ebenfalls in Form von Krediten an die Länder weiter, allerdings für 4, 5 oder 6%, je nach Kreditwürdigkeit (die Macht der Ratingagenturen). Die neuen ESM-Satzungen stellen quasi Freibriefe für die Banken bereit.

Der beschleunigte Kapitalabfluss – Zu Lasten der Zinsentwicklung

Bisherige Maßnahmen führten kaum in gewünschte Richtung
Welches Hilfspaket auch immer verabschiedet und geschnürt worden ist, es half Griechenland nicht, es wird auch Spanien, Italien, Zypern und Portugal nicht helfen, sich gegen die aufbegehrenden Hilferufe ihrer Banken zu schützen.

Das dürfte auch der ausschlaggebende Punkt gewesen zu sein, warum die Gelder des ESM direkt an die Banken transferiert werden sollen.

Mit dem unmittelbaren Zuweisen der Hilfspakete an die Investment-Banken, ohne einer existierenden Kontrollinstanz, dürften die Bareinzahlungen und Bürgschaften aus dem Bundeshaushalt eine weitere Beschleunigung erfahren.

Selbst wenn Bundeskanzlerin Merkel darauf hinweist, dass „Deutschland kein Selbstbedienungsladen werden wird“, darf man niemals aus den Augen verlieren, in wie weit bereits die Maastrichter Verträge in Vergessenheit geraten sind.

Zusätzlich stellt die Bundesregierung schon jetzt die ersten angestrebten Zahlen für den Haushalt 2013 auf und bricht dabei gleichzeitig die heftig verteidigten Regeln des gewünschten Fiskalpaktes. Noch bevor ESM und Fiskalpakt endgültig abgesegnet sind, werden deren Regeln in der Planungsphase gebrochen.

Zinsentwicklung ist der Anfang – Am Ende steht der Sparer

Geringere Renditen bei gleichzeitig abflachendem Anstieg des Verbraucherpreisindex sind noch zu verkraftende Größen. Dennoch geht die Rechnung nicht alleine durch geringere Sparzinsen auf. Der Schuldenberg Deutschlands ist mit bereits (offiziell) über 2 Billionen Euro zu gigantisch, um von ein paar Prozenten weniger Zinsausschüttungen an den Sparer abgetragen werden zu können.

Die ersten veröffentlichten Analysen bezüglich Privatvermögen sind bereits zu lesen. Dazu gehört die Tatsache, dass die „10% der Reichsten in Deutschland“ im Privatbesitz von rund 3 Billionen Euro sind und somit theoretisch die Schulden Deutschlands in einem Handstreich begleichen könnten. Dann bleiben immer noch 1.000,- Milliarden Euro übrig.

Andere Ökonomen berechneten einen notwendigen Abzweig von rund 20% aller Privatvermögen, um die Haushaltsschulden auf eine Null setzen zu können.

Letzteres dürfte der wahrscheinlichere Weg sein. Entspricht die Größenordnung in etwa den Schnitt vergangener Währungsreformen. Darüber hinaus träfe es die breite Bevölkerung und schützte die Vermögenden.

Fazit: Die Zinsentwicklung 2012 wird sich weiterhin gen Tal bewegen und es kann zu recht befürchtet werden, dass die fortgesetzte Zinsentwicklung nicht bei 0% ihren Anschlag finden wird.

Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

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