Statt Verluste mit Altersvorsorge lieber Altschulden tilgen

Risiken Rentenversicherungen-


Große Unsicherheiten in den Finanzmärkten beschweren u.a. das Verhältnis zwischen den Anbietern einer privaten Altersvorsorge und den Verbrauchern. Die teils sehr unflexiblen Verträge einer Kapitallebens- und Rentenversicherung stellen in vielen Fällen ein Garant für herbe finanzielle Verluste dar. In den Zeiten niedriger Zinsen sollte mit überschüssigem Geld lieber Schulden abgezahlt werden, statt dieses neu anzulegen, so der Finanzwissenschaftler Andreas Oehler.

Risiken durch lange Vertragsbindungen bei ungewisser Zukunft

Geldanlagen
Wohin mit übrigem Geld, Vorsorge oder Altschulden?
Bild: Wilhelmine Wulff / pixelio.de

Die private Altersvorsorge wird seit Beginn der Euro-Finanzkrise zwischen Befürwortern und Gegnern hin- und hergereicht. Es geht um Sinn, Unsinn, den Risiken und Sicherheiten inmitten der Schuldenkrise und ganz besonders in die Zukunft hinein. Während Versicherungsverbände nach wie vor die Notwendigkeit und Rentabilität einer Privatvorsorge hervor stellen, sprechen zahlreiche Finanzwissenschaftler von unkalkulierbaren Risiken durch eine ungewisse Zukunft.

Verbraucher würden in Produkte einzahlen, die von ihnen nicht verstanden würden und deren Risiko niemals abgeschätzt werden könnte, so der Finanzwissenschaftler Andreas Oehler, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwirtschaft an der Universität Bamberg, im Interview mit der Deutsche Wirtschafts Nachrichten (DWN) (Sonntag). Nach seinem aktuellen Gutachten würden die deutschen Versicherungskunden mit der privaten Altersvorsorge und weiteren Finanzprodukten pro Jahr rund 50 Milliarden Euro unnötige Verluste hinnehmen.

Demnach wären besonders Produkte wie die Kapitallebensversicherung sowie Rentenversicherung für die Altersvorsorge betroffen. Deren Hauptprobleme lägen in der sehr langen Vertragsbindung, die eine Anpassung an neue Lebenssituationen gar nicht erlaubt. Niemand könne vorhersehen, was innerhalb der nächsten 30 Jahre passieren wird, sei es der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine Scheidung. Kombiprodukte wie Altersvorsorge und Risikoabsicherung seien diesbezüglich sehr unflexibel und deshalb sehr unvernünftig, so Oehler zu DWN.

Sollte etwas Unvorhergesehenes geschehen, käme man nicht aus den Verträgen heraus, ohne dass tatsächlich viel Geld verloren ginge. Pro Jahr würden die Versicherten alleine durch die vorzeitige Kündigung oder wegen einer mangelhaften Ausschöpfung der staatlichen Zuschüsse von Kapitallebensversicherungen, ungeeigneten Riesterverträgen und den privaten Rentenversicherungen rund 17 Milliarden Euro verlieren.

Risikoabsicherung mit Altersvorsorge unterscheiden
Sollte es rein um die Risikoabdeckung für die Familie gehen, wäre der Griff zu einer alleingestellten
Risikolebensversicherungen die erste Wahl, so der Finanzwissenschaftler zu DWN. Für eine gewollte Altersvorsorge sollte ein besonderer Schwerpunkt auf die Flexibilität des Produkts gelegt werden.

Grundsätzlich sollte das Altersvorsorgeprodukt zeitlich gestaffelt und verändert werden können, so Oehler. Darüber hinaus seien Rentenpolicen und Kapitallebensversicherungen aufgrund der Stornokosten und den geringen Rückkaufswerten alles andere als günstig. Meist lägen die Kosten für Verwaltung und Vertrieb weit höher als bei alternativen Anlageprodukten von Sparkassen, Fonds und Banken, besonders über den Direktvertrieb im Internet.

Bei Niedrigzinsen lieber Schulden zurückzahlen statt anlegen
Oehler geht im Interview mit DWN davon aus, dass nicht viele Berater und Verkäufer Interesse daran hätten, ihren Kunden mit überschüssigem Geld statt zu einer Neuanlage mit niedrigen Zinsen zur Tilgung ihrer Schulden zu raten. Wer zum Beispiel in den letzten Jahren für die Altersvorsorge eine Immobilie finanzierte, wäre es von Vorteil, wenn die vereinbarten Konditionen Sondertilgungen zuließen. Allerdings würde eine Rückzahlung der Verbindlichkeiten nur dem Kunden Geld sparen, dem Vermittler jedoch keine Boni und Provisionen einbringen.

Niedrige Zinssätze könnten sich für die Umschuldung alter Kreditverträge nutzen lassen, so Oehler. Die beim Kreditabschluss gültigen Effektivzinssätze von teils über sieben Prozent ließen sich mit einem Vertragswechsel durch die aktuell niedrigeren Zinsen ersetzen. Bei einem mindestens bereits zehn Jahre alten Kreditvertrag und einer vereinbarten Zinsbindung von über zehn Jahren könnte nach einer halbjährlichen Kündigungsfrist günstig umgeschuldet werden. Die monatlichen oder jährlichen Raten können aufgrund niedrigerer Zinsen gesenkt oder die Zeit bis zur vollständigen Tilgung abgekürzt werden. „Das spart Geld“, so der Finanzwissenschaftler.

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