Ökonomin kritisiert geplante Lebensleistungsrente – „Eine Sünde“

Altersarmut trotz Rente-


Die zur Bundestagswahl 2017 aufbereitete Lebensleistungsrente stößt nicht auf durchgehende Zustimmung. Eine „ordnungspolitische Sünde“, so die Kritik einer Ökonomin. Diese Rentengarantie hätte nie versprochen werden dürfen.

Armut trotz Rente

Die Lebensleistungsrente verstößt gegen das „Äquivalenzprinzip“ der gegenwärtigen Rente

Die Bundestagswahl 2017 rückt näher und die politischen Parteien buhlen um die Gunst der Wählerschaft. Dem Bürger werden wie üblich mehr und zusätzliche Sozialleistungen versprochen und hübsch verpackt, damit diese bei den nach der Wahl gewöhnlich folgenden Koalitionsverhandlungen ganz schnell wieder relativiert werden. Da der demografische Wandel in der Bundesrepublik auch die Kreuzchen-Setzer altern lässt, bietet sich das Thema Rente als Mittelpunkt vorzüglich an.

Es ist ohnehin Skepsis angebracht, wenn die „altbackenen“ Parteien voneinander getrennte Partei- und Wahlprogramme führen, aber das war „ja schon immer so“.

Für Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist es nun offensichtlich der richtige Zeitpunkt, die bereits diskutierte „Lebensleistungsrente“ für die kommende Bundestagswahl in Fahrt zu bringen. Die Altersarmut vor Augen, soll das angepasste Rentensystem künftig auch den Menschen eine höhere Renten einbringen, die mehr als 40 Jahre Lebensarbeitszeit vorweisen können, aber nur relativ geringe Beiträge in die Rentenkasse einzahlten. Die Rentenbezüge sollen über dem Niveau der Sozialhilfe liegen. Der Bund springt für das Anheben der Rente auf monatlich rund 900 Euro brutto (abzügl. Krankenversicherung) mit Subventionen ein.

Die von Nahles vorgelegten Pläne hören sich für die kommenden Rentner gut an, stoßen aber auch auf Kritik. „Gut gedacht, schlecht gemacht – wie so oft bei schwarz-roter Sozialpolitik„, so Antje Höning in der rp-online (Samstag) Kolumne „Die Ökonomin“. Die Lebensleistungsrente sei nicht nur eine Fehlentwicklung, sondern eine „ordnungspolitische Sünde“ und verletze das Äquivalenzprinzip. Damit werden neue Ungerechtigkeiten geschaffen, so die Ökonomin.

Solidarprinzip vs. Äquivalenzprinzip

Für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gelte das Solidarprinzip. Sämtliche Kassenmitglieder erhielten gleiche Leistungen, auch wenn die „Gutverdiener“ höhere Beiträge zahlen müssen. In der gesetzlichen Rentenversicherung sei jedoch das Äquivalenzprinzip ausschlaggebend. Wer hohe Beiträge in die Rentenkasse einzahlt, erhalte auch im Rentenalter höhere Bezüge. „Mit der Lebensleistungsgarantie wird dieser Grundsatz zerstört“, so Höning in ihrem Beitrag. Der Vorschlag der Arbeitsministerin sei „ziemlich ungerecht“, da ein Arbeitnehmer, der mit seiner Leistung einen Anspruch auf 900 Euro Rente erworben hat, nur so viel erhalte wie der Arbeitnehmer, der lediglich die Hälfte der Rentenbeiträge einzahlte, aber dennoch die „Lebensleistungsrente kassiert“.

Zu hohe Kosten und Bürokratie für Lebensleistungsrente

Wer heute zu wenig Rente bekommt, dem greife schon heute der „Sozialstaat“ mit der Grundsicherung vom Sozialamt unter die Arme. Dazu komme auch das Wohngeld und letztendlich liegen die Leistungen nur wenig unter der geplanten Lebensleistungsrente. Für dies Zahlungen aus der Rentenkasse müsse eine neue Bürokratie aufgebaut werden, so die Kritik der Ökonomin.

Die von der Koalition in Aussicht gestellten 180 Millionen Euro werden nicht lange reichen. Schon jetzt werden die Rentenbeitrags- und Steuerzahler von den Rentengeschenken über Jahrzehnte belastet. Die SPD setzte die „Rente mit 63“ durch und die CDU die Mütterrente. Die Lebensleistungsrente sei ein Bestandteil des Koalitionsvertrags, was die „Maulhelden des Unions-Wirtschaftsflügels“ nicht vergessen sollten. „Die Lebensleistungsrente hätte nie versprochen werden dürfen“, so das Resümee der Ökonomin.

Ein Plädoyer für den Schutz der Vermögenden

Das von der Ökonomin dargestellte Solidarprinzip für die gesetzliche Krankenversicherung stimmt lediglich im engeren Sinne. Wer über ein „überdurchschnittlich hohes“ Einkommen verfügt, findet sich meist in der privaten Krankenversicherung (PKV) wieder. Dazu gehört auch eine große Anzahl von Selbstständigen. Bedienstete mit Eigenschaften eines Beamten und Bundespolitiker sind ebenfalls nicht bei einer Krankenkassen angemeldet. Bundestagsabgeordnete steht das Wahlrecht zu, sich zwischen Beihilfe nach beamtenrechtlichen Maßstäben und einem vom Bundestag hälftig getragenen Zuschuss für Pflege- und Krankenversicherungsbeiträgen zu entscheiden. Knapp die Hälfte der Bundestagsabgeordneten entschieden sich für „beamtenrechtliche Maßstäbe“.

Wer als Arbeitnehmer mit hohem Einkommen in der GKV verblieben ist, wird von den Beiträgen lediglich bis zur sog. Beitragsbemessungsgrenze belastet. Top-Verdiener in der gesetzlichen Krankenkasse sind alles andere als „solidarisiert“.

Der gute Wille wird stets auf die Partei-Fahnen geschrieben

„In solch schwierigen Zeiten müssen auch wir in der FDP uns fragen, wie wir diejenigen Bürger im oberen Einkommensbereich daran beteiligen können, dass die mittleren und unteren Einkommen entlastet werden. Die starken Schultern müssen mehr tragen“, so die ehemalige Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im schwarz-gelben „Koalitionsgerangel“ zum Sparpaket im Jahr 2010. „Die Leistungsträger müssen dazu beitragen, den Sozialstaat zu finanzieren.“

Auch die SPD ließ sich dazu hinreißen, die gerechtere Lasten-Verteilung in der BRD zu thematisieren. So auch die SPD-Chefin in Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft im Jahr 2008: „Mehr Geld von den Reichen, um damit zugunsten der Geringverdiener und der mittleren Einkommen die Sozialabgaben zu senken“. Aus der Vermögenssteuer wurde bekanntlich nichts und das leistungslose Einkommen der vorbehaltlich Vermögenden durch Finanzmarkt-Gewinne ist nach wie vor auf 25 Prozent gedeckelt.

Sozialpolitik der Bundesregierungen zugunsten der Vermögenden

Die bisher von der Bundespolitik geschaffenen Fakten sehen allerdings völlig anders als die im Vorfeld abgesonderten Verlautbarungen aus. Die Extra-Besteuerung für Vermögende ist geplatzt. Eine Finanztransaktionssteuer – hübsche Umschreibung für Umsatzsteuer – existiert nach wie vor nicht. Dazu gesellen sich weitere Entlastungen bis hin zu kompletten Steuerbefreiungen für Unternehmen und Finanzmarkt-Akteure. Nicht zu vergessen der Sündenfall „Agenda 2010“ aus der Feder der rot-grünen Regierungskoalition.

Die Ökonoming Höhning sorgt sich um das Wohlergehen des „Äquivalenzprinzips“, welches garantiert, dass die dank Agenda 2010 Millionen geschaffenen Niedriglohn-Arbeitsplätze für eine bittere Armut im Rentenalter sorgen. Ein Prinzip, das vor allem alleinerziehende Mütter zum dauerhaften Fristen auf Sozialhilfe-Niveau verurteilt.


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