TTIP: Die Gangart zwischen Befürworter und Kritiker wird härter

Freihandelsabkommen-


Befürworter und Kritiker des Freihandelsabkommens TTIP zwischen der EU und den USA prallen immer heftiger aufeinander. Kein Wunder. Bei den teils sehr „geheimnisvollen“ Verhandlungsgesprächen im Hintergrund bleiben über die Ziele des Transatlantischen Abkommens oft nur Mutmaßungen und Spekulationen übrig. Das IW Köln scheint jedoch genauere Informationen über die TTIP-Ziele zu besitzen, denn das Institut identifizierte die Kritiker als reine „Demagogen“.

Verhandlungen

Sachliche und objektive Diskussionen finden zum Thema TTIP keine Verwendung

Die Wirtschaft Deutschlands und die der Europäischen Union brauche mehr Wettbewerbsfähigkeit, um im Zuge der Globalisierung bestehen zu können. Diese These wird aus den Reihen der Politik und Wirtschaft gebetsmühlenartig wiederholt, um neue Regelungen einzuführen, oder eben bestehende Gesetze abzuschaffen. Zu diesen Regelungswerken zählt auch das Transatlantische Handelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP).

Das geplante Freihandelsabkommen spaltete Politik und Wirtschaftswissenschaft in zwei Lager. Leidenschaftliche Befürworter und heftige Kritiker. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zählt offensichtlich zu den Verfechtern des Transatlantischen Abkommens. IW-Direktor Michael Hüther unterstrich in einem Gastbeitrag in der BILD (30.09.2014) die Notwendigkeit des TTIP und warum der „Freihandel gut für uns“ sei.

Demnach sei die „günstigste Lösung“ gegen die derzeit „etwas schwächelnde Konjunktur“ der weltweit freie Handel. Die Wettbewerbsfähigkeit könne am besten dann entstehen, wenn der Wettbewerb intensiv sei und das Erschleichen von Vorteilen beim Staat ausgeschlossen werde.

Der weltweite freie Handel sei das Ziel von TTIP, so Hüther in BILD. Mit diesem Abkommen entstehe der größte Wirtschaftsraum der Welt. Die Konsumenten haben dadurch mehr Vorteile aufgrund der gestiegenen Wahlmöglichkeiten bei sinkenden Preisen. Dazu kommen die vom größeren Markt neu geschaffenen Arbeitsplätze. „Verschärfter Wettbewerb macht uns fit für die Globalisierung“, so der IW-Direktor.

Die Gegner und Kritiker des TTIP schöpften ihre Argumente aus „unbestimmten Gefühlen oder böser Absicht“. Es handelte sich um interessierte Gruppen, die Ängste schüren, die nicht auf Fakten beruhten. „Die Kulturschaffenden sorgen sich um ihre Subventionen, obgleich es darum bei TTIP gar nicht geht“, so Hüther.

Das „Chlorhühnchen“ hat es im Streit um das Freihandelsabkommen inzwischen zu einem Symbol-Gegenstand geschafft. Auch IW-Direktor Hüther griff das bei Kritikern unbeliebte „Lebensmittel“ auf und richtete es als „sorgenvoll skandalisiert“ gegen die vermeintlich Ängstlichen. Niemand müsse es essen, falls es bis nach Europa käme.

Der demokratische Staat müsse die Schutzwürdigkeit privater Rechte anerkennen, so das Argument des IW-Direktors im Bezug auf die Klagen gegen den im TTIP vorgesehenen gesonderten Schutz für Investoren. Die Nichtregierungsorganisationen werden „hier wie dort“ über die Verhandlungen informiert und dem Parlament werden die Ergebnisse der Verhandlungen vorgelegt. Hüther könne daran keine Probleme erkennen.

Letztendlich handelte es sich um falsche und US-feindliche Parolen von „Demagogen“, die andere in „Geiselhaft nehmen wollen“. Die „historische Chance für mehr Wohlstand“ dürfe nicht vertan werden, so die Forderung des IW-Direktors.

Weiß das IW mehr als alle anderen?

Der IW-Direktor hat offenbar übersehen, dass die Kritiker des TTIP nicht ausschließlich in den Reihen der „Kulturschaffenden“, womöglich noch mit einem verträumt romantischen Hintergrund zu finden sind.

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) an der Hans-Böckler-Stiftung rechnete Ende 2013 vor, dass sich das angepriesene Wirtschaftswachstum dank TTIP in einem Bereich von 0,03 Prozentpunkten pro Jahr bewegen werde. Ein „Konjunktur-Aufschwung“, der sich innerhalb des Toleranzbereiches bei den Prognosen bewege.

Das Münchner ifo-Institut geht von maximal 400.000 neu geschaffenen Arbeitsplätzen aus, innerhalb der gesamten EU und in den nächsten 15 Jahren. Dieser Berechnung liege jedoch die Annahme zugrunde, dass die gleichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, die einem Beitritt der USA in die EU entsprächen.

Was weiß das IW, was der „Rest“ nicht weiß?

Es sind nicht nur die vermeintlichen Ziele des TTIP, die in Kritik stehen, sondern bereits brandaktuell der „Stil“ der Verhandlungen. „Um das beste Verhandlungsergebnis zu erzielen, könne man nicht alles veröffentlichen“, so die pragmatische Begründung der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf einer Wahlkampfveranstaltung im Mai 2014.

Laut werdende Zweifel und das Gedeihen von Mutmaßungen über die Ziele des TTIP sind angesichts der laufenden Geheimniskrämereien nachvollziehbar. Die Verhandlungen zwischen den EU-Staaten und den USA liefen unter Ausschluss irgendwelcher demokratischen Organe. Als es dem EU-Parlament dann doch zu viel wurde, gestanden die Verhandlungspartner (eigentlich die USA) Einblicke in die Zwischenergebnisse zu, jedoch unter der Auflage der Geheimhaltung. Ein fauler Kompromiss.

Hat das IW besondere Quellen aus dem Verhandlungszimmer, sickert da was durch? Über welche Informationen verfügt das Institut, um das Freihandelsabkommen offenbar in allen seinen Bestandteilen in den Himmel zu loben und seine Kritiker als Demagogen („Verführer“, „ideologische Hetzer“) zu bezeichnen?





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