Klägliches Scheitern: Deutschland nun im Mittelpunkt der Eurokrise

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Die Kritiken an Deutschlands „Export-Wut“ wandeln sichtlich zu Ermahnungen wegen „Investitions-Schläfrigkeit“ im Land. Das Ausbremsen eines der letzten sich noch vorwärts bewegenden Konjunktur-Lokomotiven erscheint doch sehr abwegig. Deshalb soll die Bundesregierung für mehr Investitionen und Nachfrage im Inland sorgen. Dieses Ziel sollte eigentlich das Thema „Billiglohn-Land und Arbeitnehmer-Ausbeute“ als unmittelbaren Begleiter haben.

Euro-Rettungsschirm

Der große Rat der „Ratlosen“ – Deutschlands Handelsbilanzen als neues Zielobjekt auserwählt

Die Mutmaßung, man könne auf die Idee kommen, Deutschland zu weniger Export zu bewegen, scheint vom Tisch zu sein, zumindest bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Der überaus hohe Export-Überschuss Deutschlands in den vergangenen Jahren ist im Rahmen der Krisenbekämpfung in den Mittelpunkt gerückt. Das Ungleichgewicht in der Ländergemeinschaft sei überwiegend durch die „Exportwut“ Deutschlands verursacht.

Offenbar sind Brüssel und EZB ratlos. Zu einem Ungleichgewicht sind mindestens zwei Größen erforderlich. Die bisherigen Versuche, den schwachen Ländern zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und somit zu einer aufstrebenden Wirtschaft zu verhelfen, sind kläglich gescheitert. Die auferlegten Reform- und Sparkurse gleichen dem Rezept, die Konjunktur-Lokomotive mit reduziertem Nachschaufeln der Kohle auf schnellere Fahrt zu bringen. Das hat sichtlich nicht funktioniert und nun rückt das überlastige Gegengewicht Deutschland in den Fokus der „Euro-Retter“.

Die USA, der Internationale Währungsfonds (IWF) sowie die EU-Kommission kritisierten die Handelsbilanzüberschüsse Deutschlands in „schöner Reihenfolge“ innerhalb nur weniger Tage. Die ersten Untersuchungen sind in Brüssel bereits eingeleitet worden. Eigentlich auch ein normaler Vorgang, da die Statuten das Überschreiten der Überschüsse über die 6-Prozent-Marke zum Bruttoinlandsprodukts (BIP) eine Rüge vorsehen.

Für Deutschland selbst sei es ebenfalls besser, das Verhältnis Import und Export in der Waage zu halten. Hohe Exportüberschüsse endeten zum Großteil als Auslandsinvestitionen und resultierten bisher in einem Verlust von rund 20 Prozent, so die Berechnungen des Instituts für Makroökonomie (IMK) bereits im Mai dieses Jahres. Passend zu den Diskussionen, aber mit mehrmonatiger Verzögerung, pflichtete der Verlust-These auch das Münchener ifo-Institut bei.

Deutschlands sehr hohe Wettbewerbsfähigkeit sei erdrückend für die anderen Länder und der vermeintliche Erfolg sei nur durch Lohndrückerei im Inland erreicht worden, so die scharfe Kritik vom US-Topökonom Adam Posen. Der Arbeitnehmer im Billiglohnland Deutschland werde ausgenutzt, zum Wohle des Exports der Unternehmen. Es mangelte jedoch an Investitionen in öffentlichen und privaten Sektoren.

Export läuft über – Das Fass muss vergrößert werden

Das Ziel Deutschland scheint fixiert worden zu sein, aber der „Angriffspunkt“ Export-Überschuss ist offensichtlich nicht einfach zu greifen. Dem letzten noch relativ gesunden Euro-Land die Eisenketten anzulegen, erscheint dann doch als zu abwegig. Die erzwungene Export-Bremse würde in der deutschen Unternehmenslandschaft orkanartige Gegenstürme auslösen und darüber hinaus dem Euro-Gespann das letzte noch galoppierende Pferd nehmen. Wenn das Fass permanent überläuft, muss eben dessen Volumen vergrößert werden. Der deutsche Binnenmarkt braucht Stärkung.

Der Chef-Volkswirt und Direktor der EZB, Peter Praet, forderte im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (Samstagsausgabe) Deutschland zu mehr Investitionen auf. Die Eindämmung der Exporte käme keinesfalls in Frage. „Deutschland sollte seine Wettbewerbsfähigkeit nicht schwächen, bitte nicht! Aber für Deutschland ist es wichtig, mehr im Inland zu investieren“, so der Apell des EZB-Chefökonomen.

Welches Potenzial steckte dann in der Konsumlaune der deutschen Bürger? Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung spielt offenbar der mächtigen Industrielobby zu und unterschätzt gleichzeitig die Kauflust der eigenen Wählerschaft Bürger. Trotz Billiglöhne – ungeachtet der Durchschnitts-hochtreibenden wenigen Spitzengehälter – waren es die Verbraucher, die Deutschland am Anfang des Jahres durch Konsum vor der Rezession bewahrten. Die Industrie brachte das Kunststück nicht fertig.

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