BGH Urteil stärkt Verbraucher: Lebensversicherung widerrufen statt kündigen

Widerrufsrecht Lebensversicherungen-


Das Urteil vom Bundesgerichtshof könnte zahlreichen Lebensversicherern einen schweren Schlag versetzen. Der Hieb wäre jedoch hausgemacht. Ein über Jahre hinweg praktizierter Fehler im Widerrufsrecht findet nun ein Echo und kann für Versicherungsnehmer einen „eleganten“ Weg aus dem Versicherungsvertrag aufzeigen.

Versicherungsschutz

BGH Urteil zum Widerrufsrecht bei Lebensversicherungen stärkt die Versicherungsnehmer

Eine Nachlässigkeit der Versicherer könnte sich nach Jahren als ein Desaster für die Versicherungsunternehmen und als ein Glücksfall für zahlreiche Versicherungsnehmer herausstellen. Ein Form- bzw. Verfahrensfehler zum Widerrufsrecht im Vertragswerk von Lebensversicherungen könnte Kunden die Möglichkeit einer Kündigung der Lebensversicherung mit einem „heilen Auge“ ermöglichen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich mit dem Widerrufsrecht von Lebensversicherungen. Im Urteil (IV ZR 76/11) schloss sich der BGH der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an, das zum Schluss kam, dass die meisten Lebensversicherungsunternehmen in Deutschland zwischen den Jahren 1994 bis 2007 mit ihrer Aufklärung gegen europäisches Recht verstießen. Nach wie vor ist sind beide Urteile noch mit Vorsicht zu genießen, da die Rechtssicherheit der möglichen Konsequenzen noch nicht gegeben ist.

Im „einfachsten“ Fall könnten Versicherungsnehmer von einer Kündigung ihrer Police absehen und auch nach Jahren des Vertragsabschlusses einfach widerrufen und die bisher gezahlten Beiträge zurück fordern.

Stein des Anlasses war ein Streit um die Verjährungsfrist beim Groß-Versicherer Allianz. Offenbar wurde im Vertrag „vergessen“, sich auf die Verjährungsfrist zu berufen. Deshalb ist lediglich der einfache Weg des Widerrufs statt einer „verlustreichen“ Kündigung so gut wie sicher, jedoch nicht ein automatischer Anspruch auf die Rückzahlung der bisher gezahlten Beiträge. Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV), geht davon aus, dass bereits im Laufe des nächsten Jahres die ersten Entscheidungen zur Frage der Beitragsrückzahlungen fallen werden. Ein geschaffener Präzedenzfall würde damit Tür und Tore für alle weiteren Versicherungskunden öffnen, die ebenfalls die „Nachlässigkeit“ der Versicherungsunternehmen zu einer „eleganten“ Auflösung der alten Lebensversicherung nutzen könnten.

Abwarten könnte rentabler sein als eine vorschnelle Policen-Kündigung

Die Kündigung einer Kapital-Lebensversicherung ging in aller Regel mit Verlusten einher. Der sogenannte Rückkaufswert wird von der Versicherungsgesellschaft berechnet und ist alles andere als verständlich, geschweige transparent. Fest steht, dass die Policen-Kündigung nicht in Relation zu den bisherigen Versicherungsbeiträgen und den angelaufenen Überschüssen bzw. Verzinsungen steht. Mit der Kündigung gingen alle Ansprüche auf künftige Ausschüttungen verloren. Ein herber Verlust.

Alternative Lösungen sind die Stilllegung einer Lebensversicherung bzw. die Beleihung der Police, falls dringend benötigtes Geld der Antrieb für die Vertragsauflösung sein sollte.

Mit dem Urteil des BGH’s sind immerhin gut 100 Millionen Verträge mit jeweiligem Abschluss zwischen den Jahren 1994 und 2007 betroffen. Somit sind zahlreiche Verträge bereits seit 20 Jahren am Laufen. Die Kündigung einer solchen Alt-Police wäre eine „Sünde“.

BGH-Urteil ändert nichts an notwendige private Altersvorsorge

Die Notwendigkeit der privaten Altersvorsorge (hier vergleichen und Angebot einholen) ist nach wie vor unbestritten. Das neueste „Rentenprojekt“ der Bundesregierung, der Eintritt ins Rentenalter mit 63 ohne Verluste sowie die Aufstockungen zur Mutter-Rente, stellen unterm Strich nur „hilflose“ Modelle zur Erfüllung der Wahlversprechen, jedoch keine Lösung zur real anwachsenden Gefahr der Altersarmut.

Die niedrigen Zinsen in den Finanzmärkten trüben die Daseins-Berechtigung der privaten Altersvorsorge ein und stellen auch die Versicherungsunternehmen vor großen Herausforderungen. Doch eine staatliche Alternative zu den Mini-Renten für die Millionen von Niedriglohnarbeitern ist nicht in Sicht. Zur Debatte stehen vielmehr weitere Rentenkürzungen und eine Anhebung der regulären Lebensarbeitszeit.





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